Der Bauernkrieg und die Reformation

Schon sehr früh berufen sich die aufständischen Bauern auf die Ideen der Reformation. Die „Freiheit eines Christenmenschen“, die Martin Luther (1483-1546) propagiert, sehen sie als Bestätigung ihrer politischen Forderungen. Während allerdings Luther auf dem Standpunkt steht, dass weltliche Forderungen nicht mit der Bibel begründet werden können, leitet der Schweizer Reformator Ulrich Zwingli (1484-1531) aus ihr durchaus ein Widerstandsrecht ab.

Ob die Reformation Mit-Ursache oder nur beschleunigender Faktor des Bauernkriegs ist, ist nach den Worten des Marburger Kirchenhistoriker Wolf-Friedrich Schäufele „eine umstrittene Frage“. Es gebe aber zweifellos einen Einfluss. Anders als bei vorangegangenen Bauernaufständen werde 1524 religiös argumentiert.

Schäufeles Heidelberger Kollege Johannes Ehmann bezeichnet Bauernkrieg und Reformation als „zwei Linien, die sich kreuzen und danach wieder auseinanderdriften“. Für die Entstehung des Bauernkriegs sei die Reformation nicht ursächlich gewesen.

Die Stühlinger Bauern, die als Erste revoltieren, suchen fast sofort das Bündnis mit der Stadt Waldshut, in der die Reformation stark ist. Bei der Veröffentlichung ihrer Zwölf Artikel im Frühjahr 1525 rufen die Bauern bedeutende Reformatoren als Schiedsrichter an. Martin Luther, Philipp Melanchthon oder Ulrich Zwingli sollen entscheiden, ob ihre Forderungen rechtmäßig sind.

Luther hat zwar zunächst Verständnis für die Bauern, ermahnt sie und die Fürsten allerdings zum Frieden. Nach dem Weinsberger Blutostern allerdings ruft er zum Kampf gegen die Bauern auf. Er stellt klar, dass seine Theologie kein Freibrief zum politischen Umsturz ist.

Doch die Bauern haben unter reformatorischen Theologen auch Verbündete. Thomas Müntzer predigt in Thüringen das Ende der Adelsherrschaft und den Beginn einer neuen, gottgefälligen Ordnung. Nach seiner Überzeugung ist der Tag des Jüngsten Gerichts nahe, und die Frommen müssen die Gottlosen mit dem Schwert strafen. Er wirbt für die Reformation und verurteilt die schlechten Lebensbedingungen der Bauern. Im März 1525 stürzen Müntzer und die Bauern den Mühlhausener Stadtrat und übernehmen die Macht.

Luther bezeichnet seinen Theologen-Kollegen Müntzer als „Erzteufel“. Die totale Niederlage der Mühlhausener Bauern bei Frankenhausen am 15. Mai 1525 und die Hinrichtung Müntzers zwölf Tage später gilt als Gipfelpunkt der Bauernkriege.