Die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja ist am Sonntag mit dem Internationalen Preis für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Bonn ausgezeichnet worden. Damit werde ihr herausragendes Engagement für ein freies und demokratisches Belarus gewürdigt, teilten das Land NRW und der Verein Internationaler Demokratiepreis Bonn mit. Ihr Wirken sei zugleich Widerstand gegen das Regime von Alexander Lukaschenko, das willfährig an der Aggression der Russischen Föderation gegen die europäische Sicherheits- und Friedensordnung mitwirke.
Tichanowskaja Schritt in die Öffentlichkeit vor fünf Jahren sei eine Reaktion auf das Unrecht gewesen, das ihrem Mann Sergej Tichanowski und vielen anderen in Belarus widerfahren sei, erinnerte NRW-Medienminister Nathanael Liminski (CDU) in seiner Laudatio. „Er wurde verhaftet, als er sich als Kandidat für die Präsidentschaftswahlen registrieren lassen wollte.“ An seiner Stelle trat Tichanowskaja zur Wahl an, musste aber das Land noch 2020 verlassen.
Auch im Exil setze sich Tichanowskaja unermüdlich für einen Wandel in ihrem Heimatland ein, sagte Liminski laut Redetext. Sie stünde damit stellvertretend für die Belarussinnen und Belarussen, die sich nicht das Recht nehmen lassen wollten, selbst über ihre politische Zukunft zu entscheiden. „Sie haben all diesen mutigen Menschen eine Stimme und ein Gesicht gegeben“, wandte er sich an die Preisträgerin, die von ihrem kürzlich aus der Haft entlassenden Ehemann nach Bonn begleitet worden war.
Viele Frauen und Männer säßen noch immer in belarussischen Gefängnissen, kritisierte Liminski das Regime in Minsk. Als Beispiel nannte er den Friedensnobelpreisträger Ales Bialiatski, der Mitbegründer und Vorsitzender der Menschenrechtsorganisation „Viasna“ ist, sowie den regimekritischen Journalisten Andrzej Poczobut und Maria Kalesnikava. Letztere sei „eine der Ikonen der Protestbewegung“, so Liminski. Die Bürgerrechtlerin war 2020 mit eine der führenden Persönlichkeit der belarussischen Demokratiebewegung. 2021 wurde sie wegen angeblicher Verschwörung zur Machtergreifung und anderer Anklagen zu elf Jahren Haft verurteilt.
Der mit 10.000 Euro dotierte „Internationale Preis für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Bonn“ wurde erstmals verliehen. Er soll jährlich an Personen oder Organisationen vergeben werden, die sich in besonderer Weise für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verdient gemacht haben. Die neue Auszeichnung ist durch eine Zusammenlegung des seit 2022 verliehenen Rechtsstaatlichkeitspreises des Landes Nordrhein-Westfalen mit dem seit 2009 vergebenen Demokratiepreis Bonn entstanden.