Debatte zu Umgang mit Missbrauchsfällen in evangelischer Kirche

Die Präses der EKD-Synode, Anna-Nicole Heinrich, hat nach eigener Aussage vor Beginn der Synode in Ulm nicht mit der später zurückgetretenen Ratsvorsitzenden Annette Kurschus über die Missbrauchsfälle in deren Heimatkirchenkreis Siegen gesprochen. „Ich persönlich habe keine Gespräche mit Kurschus geführt“, sagte sie am Mittwoch in der Abschlusspressekonferenz der digital zu Ende geführten Versammlung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Auch im Rat der EKD sei nur während der Sitzung unmittelbar vor Beginn der Ulmer Synode über dieses Thema gesprochen worden.

Auf Nachfrage räumte Heinrich allerdings ein, dass sie selbst bereits vorher von den Fällen in Siegen gewusst habe: „Ich habe am 25. Mai von dem grundsätzlichen Fall erfahren, da aber nur, dass der Fall im Nahumfeld von Annette Kurschus stattgefunden hat“, sagte Heinrich. „Die engere persönliche Verbindung war mir nicht bekannt.“ Zu den weiteren Details des Falls sei sie erst am Donnerstag vor der Synode vom Leiter der Kommunikationsabteilung informiert worden. Heinrich betonte mehrfach, dass die Verantwortung für die Aufarbeitung der Siegener Missbrauchsfälle aus ihrer Sicht bei der westfälischen Landeskirche liege.

Welche Fehler sie möglicherweise auch selbst im Umfeld des Kurschus-Rücktritts gemacht habe, wollte die Synodenpräses am Mittwoch nicht sagen. „Auch das muss Raum bekommen in den internen Beratungen“, sagte Heinrich. „Auch hier gilt es für mich, Deutungshoheit abzugeben.“

Während der digitalen EKD-Synode hatten Heinrich und die kommissarische Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs angekündigt, dass der Rücktritt von Kurschus demnächst in den synodalen Arbeitsgruppen aufgearbeitet werden solle. Auch die demnächst anstehenden Sitzungen der Kirchenkonferenz und des Rates der EKD wollen sich damit beschäftigen.

Die wegen des Bahnstreiks unterbrochene digitale Tagung der EKD-Synode war am Mittwochabend im digitalen Raum zu Ende gegangen. Dabei beschlossen die Synodalen unter anderem ihre Unterstützung für die geplante „Gemeinsame Erklärung“ der EKD mit der Unabhängigen Beauftragten zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs sowie Stellungnahmen zum Erhalt der Seenotrettung im Mittelmeerraum und einen Beschluss, in dem sie sich gegen Antisemitismus und Israelfeindschaft positionierten