Debatte um Palästinenser-Hilfen – Zentralrat der Juden für Stopp

Soll es weiter Entwicklungshilfe für die Palästinensischen Gebiete geben oder nicht? Und kann die Hamas davon tatsächlich profitieren? Über die Frage herrscht weiter Uneinigkeit.

Die Hilfsgelder aus Deutschland für die Palästinensischen Gebiete stehen weiter auf dem Prüfstand. Das Entwicklungsministerium setzte seine Zahlungen vorerst aus, das Außenministerium leistet weiter humanitäre Hilfe. Nun forderte der Zentralrat der Juden in Deutschland, sämtliche finanzielle Unterstützung für palästinensische Organisationen sofort einzustellen.

„Zahlungen, die auch unter den besten Absichten an palästinensische Organisationen getätigt wurden und werden, gelangen zwangsläufig in den Einflussbereich der Hamas“, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster am Dienstag. Es sei bislang nicht möglich, die Verwendung der Gelder vollständig und sicher nachzuvollziehen. „Das gilt sowohl für staatliche Gelder als auch für finanzielle Unterstützungen aus Nichtregierungsorganisationen und kirchlichen Projekten.“

Zwar habe die Bundesregierung mit dem Aussetzen der Entwicklungszusammenarbeit gut vorgelegt, „aber Relativierungen und Erklärungsversuche trüben leider bereits dieses Bild“, kritisierte Schuster. Auch die Zahlungen an das UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) müssten sofort eingestellt werden. „Die Gelder fließen vielleicht nicht direkt an die Hamas, aber nachweislich wird mit den Mitteln, zum Beispiel in Form antisemitischer Bildungsmedien, der Hass geschürt.“

Bereits am Montag hatte das Entwicklungsministerium angekündigt, die staatliche Entwicklungszusammenarbeit mit den Palästinensischen Gebieten vorerst auszusetzen. Zunächst sollen alle Projekte geprüft werden. Konkret gehe es dabei um einen Finanzrahmen von 250 Millionen Euro.

Das Auswärtige Amt teilte mit, seine Hilfszahlungen aufrechterhalten zu wollen. Diese lägen aktuell bei knapp 73 Millionen Euro und seien zum Großteil bereits ausgezahlt. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verteidigte die Zahlungen am Dienstag erneut. In der aktuellen Situation wäre es falsch, „die lebensnotwendige Humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung einzustellen“, so die Ministerin.

„Millionen von Menschen und damit auch viele Kinder in den Palästinensischen Gebieten sind bei der Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten auf uns angewiesen.“ Leid und Tod von palästinensischen Zivilisten sei Teil der Strategie der Hamas, so die Ministerin. „Auch in dieser absoluten Ausnahmesituation ist der Schutz der Zivilbevölkerung oberstes Gebot.“

Auch das kirchliche Hilfswerk Misereor warnte davor, jegliche Hilfen für die Palästinensischen Gebiete einzustellen. Die Menschen im Gazastreifen bräuchten auch weiter humanitäre Hilfe, erklärte Misereor auf Anfrage. „Es wäre ein falsches Zeichen, wenn die Unterstützung ausgerechnet für diejenigen zivilgesellschaftlichen Akteure in Frage gestellt wird, die sich in der Region für Aussöhnung und Frieden einsetzen, ganz besonders in der jetzigen Situation der größten Not.“ In Bezug auf seine Partner könne Misereor ausschließen, „dass Gelder an Hamas nahe stehende Organisationen zweckentfremdet werden“.

Aus Sicht des Entwicklungsforschers Markus Loewe wird ein Aussetzen der Hilfsgelder zudem wenig Auswirkungen auf die Terroristen zeigen. „Die Bedingungen, unter denen die Hamas im Gazastreifen regiert hat, waren bisher schon stark von Druck geprägt. Selbst wenn sie sich nun weiter verschlechtern sollten, wird das nichts am Kurs der Hamas ändern“, sagte der Forscher am German Institute of Development and Sustainability (IDOS) auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).