Debatte über Wehrdienst-Reform reißt nicht ab

Die Debatte über die Wehrdienst-Pläne von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) reißt nicht ab. Der Militärexperte Nico Lange kritisierte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ, Sonntag) die angedachte Reform als „bittere Enttäuschung angesichts des Ernstes der Lage“. „Der Fragebogen-Vorschlag passt nicht annäherungsweise zur Bedrohungslage, in der wir stecken. Er wird der Zeitenwende nicht gerecht.“

Pistorius hatte am Mittwoch Pläne für einen neuen Wehrdienst vorgestellt. Ihnen zufolge sollen pro Jahr 5.000 Freiwillige zusätzlich für einen Grundwehrdienst zwischen 6 und 17 Monaten gewonnen werden. Dafür sollen alle 18-jährigen Männer eines Jahrgangs einen Fragebogen beantworten müssen. Von den 400.000 Angeschriebenen sollen 40.000 Interessenten verpflichtend zur Musterung eingeladen werden. Frauen sollen auf freiwilliger Basis angeschrieben werden.

Es sei notwendig, fügte Lange hinzu, deutlich mehr Menschen für die Truppe zu gewinnen und die Bundeswehr grundsätzlich zu modernisieren. „Wir brauchen eine allgemeine Dienstpflicht für Männer und Frauen. Und die Bundeswehr muss den Lebensrealitäten der Menschen angepasst werden.“ Er rief Pistorius auf, diejenigen zu fragen, die die Truppe frustriert verlassen haben. „Die klagen, sie würden mit Powerpoint-Präsentationen bombardiert, statt mit Waffen für den Ernstfall üben zu können. Die kreuz- und quer durchs Land versetzt werden und keine Chance haben, das Soldatentum mit Familie und Beruf zu vereinbaren.“

Derweil hält auch eine Mehrheit der jungen Menschen die Reform für falsch. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Nachrichtenportals „watson“ (online, Samstag). Nur 38 Prozent der Befragten zwischen 18 und 29 Jahren bewerten die von Pistorius angedachten Pläne für die Bundeswehr demnach als positiv. In der Gesamtbevölkerung erhält der Vorschlag aber rege Zustimmung: Hier bewertet nur ein Drittel aller Befragten den Entwurf als negativ.

Die Unterscheidung, dass junge Männer verpflichtend ihre Fähigkeiten und ihre Bereitschaft zum Wehrdienst angeben müssen, das Ganze für Frauen aber freiwillig bleibt, halten laut Umfrage 59 Prozent der Befragten für falsch. Unter Frauen fällt diese Ablehnung etwas geringer aus, nur 51 Prozent lehnen die Unterscheidung ab.

Für die Meinungsumfrage hat Civey für „watson“ den Angaben zufolge vom 12. bis 14. Juni online rund 5.000 Bundesbürger und Bundesbürgerinnen ab 18 Jahren befragt.