“Dear Future Children” – Vergessen von der Weltöffentlichkeit

Drei junge Frauen aus Chile, Uganda und Hongkong setzen sich unter Lebensgefahr für Demokratie und Meinungsfreiheit, für Gerechtigkeit und eine lebenswerte Umwelt ein. Ein aufwühlender Dokumentarfilm begleitet sie.

In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:

Ein dokumentarisches Porträt von drei jungen Frauen, die für eine bessere Zukunft und gegen unterschiedliche Missstände kämpfen: Rayen ist 23 Jahre alt und studiert in Santiago del Chile. Niedrige Renten, niedrige Löhne und die fortschreitende Privatisierung führen dazu, dass das Leben in der Stadt immer teurer wird. Seit einigen Jahren regt sich allerdings Widerstand gegen staatlich gelenkte Preiserhöhungen, etwa im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs. Daraus entstand eine Protestbewegung, in der Rayen von Anfang an aktiv ist.

Hilda lebt in Kampala (Uganda). Die Studentin hat eine Umweltinitiative gegründet und kämpft bei “Fridays for Future” gegen die Folgen der weltweiten Klimaveränderungen. Pepper führt ein Doppelleben, um sich selbst und ihre Familie zu schützen. Seit der Einfluss Chinas in Hongkong wächst und die Menschenrechte immer stärker beschnitten werden, ist Pepper bei den verbotenen Demonstrationen dabei. Angst und Unsicherheit sind seither ihre ständigen Begleiter; sie kämpft für Pressefreiheit und Versammlungsfreiheit und läuft dabei Gefahr, verhaftet zu werden.

Der Film von Franz Böhm von 2021 heftet sich an die Fersen dieser bemerkenswerten, mutigen Frauen und stürzt sich mit ihnen mitten in Demonstrationen und andere Aktionen. Jenseits von Sensationshascherei und Agitation finden die aufwühlenden Porträts eine authentische Ebene, die das Engagement der drei Frauen begreiflich macht, ohne sie zu heroisieren.

Rayen ist 23 Jahre alt und studiert in Santiago de Chile. Niedrige Renten und Löhne sowie die fortschreitende Privatisierung führen dazu, dass das Leben in der Stadt immer teurer wird. Seit einigen Jahren regt sich Widerstand gegen staatlich gelenkte Preiserhöhungen. Daraus entstand eine Protestbewegung, in der Rayen von Anfang an aktiv ist. Wie viele andere junge Menschen geht sie zu den Demonstrationen, setzt sich gegen Polizeigewalt, Tränengas und Gummigeschosse zur Wehr. Rayen ist sicher, dass ihre Generation den Lauf der Geschichte verändern kann.

Hilda lebt in Kampala (Uganda). Die Studentin hat eine Umweltinitiative gegründet. Sie steht mit Plakaten an Hauptverkehrsstraßen, organisiert Demonstrationen, leistet Aufklärungsarbeit und sammelt Unmengen von Müll, vor allem Plastikflaschen aus verdreckten Flüssen. Hilda ist selbst ein Opfer der weltweiten Klimaveränderungen; ihre Familie musste wegen häufiger Überflutungen ihre Plantage aufgeben. Nun lebt sie in der Stadt, zusammen mit vielen anderen Farmern, denen die Existenz genommen wurde. Als Umweltaktivistin sieht sie sich dennoch mit Ignoranz und Desinteresse konfrontiert.

Pepper führt ein Doppelleben, um sich selbst und ihre Familie zu schützen. Seit der Einfluss Chinas in Hongkong wächst und die Menschenrechte immer stärker beschnitten werden, ist Pepper bei den verbotenen Demonstrationen dabei. Sie kämpft für Presse- und Versammlungsfreiheit und läuft dabei Gefahr, verhaftet zu werden. Ein neues Auslieferungsgesetz sorgt für zusätzlichen Aufruhr: Damit könnte die Verschleppung von Bürgerinnen und Bürgern nach China legalisiert werden.

Drei junge Aktivistinnen – drei exemplarische Lebensentwürfe von Menschen, die sich für eine bessere Zukunft engagieren. Der Dokumentarist Franz Böhm (Jahrgang 1999) startet seinen Film mit kleinen Clips, in denen die drei Protagonistinnen vorgestellt werden, gefolgt von längeren Passagen über jede Einzelne, in denen ihre jeweiligen Anliegen und Beweggründe zur Sprache kommen.

“Dear Future Children” zeigt, soweit möglich, auch den Alltag der jungen Frauen, der von ständigen Spannungen, Unsicherheit und Ängsten bestimmt wird. “Ich glaube, die Angst ist ihre größte Waffe gegen uns”, sagt Pepper, und obwohl sie die anderen beiden Frauen nicht kennt, scheint es, als ob Hilda und Rayen ihr zustimmen könnten.

Im Verlauf des Films wechseln die Schauplätze teilweise sehr abrupt; man sieht, dass sich die Polizeigewalt in Hongkong und Chile kaum unterscheidet. Dabei bleibt die Kamera dicht an den Personen. Einstellungen, die einen Schauplatz aus der Distanz in den Blick nehmen, sind eher die Ausnahme; stattdessen geht es oft mitten ins Getümmel. Teilweise wird direkt im Gedränge von Straßenkämpfen gedreht.

Der Soundtrack dröhnt manchmal allzu theatralisch, doch das passt ganz gut zu den kämpferischen Frauen. Trotz der gelegentlichen Dramatik bleibt Zeit, um sie kennenzulernen. Sie sprechen über sich selbst, über ihre Zweifel, Beweggründe und Hoffnungen.

Rayen ist wütend über die Ungerechtigkeit in ihrem Land, wie sie sagt. Die besonnene Hilda hofft, dass Ignoranz und Untätigkeit rechtzeitig überwunden werden können, bevor die Klimakrise endgültig die Welt beherrscht. Sie hat Angst, dass es die Zukunft, für die sie kämpft, gar nicht mehr geben könnte. Später reist sie nach Kopenhagen, wo sie als “Fridays for Future”-Botschafterin eine emotionale Rede hält. Pepper indes schämt sich, weil sie glaubt, dass ihre Arbeit sinnlos sei. Sie fühlt sich allein gelassen von der Weltöffentlichkeit. Am Ende wird sie Hongkong verlassen, um an einem sicheren Ort weiter zu studieren.

Manches in diesem beachtlichen Dokumentarfilm erinnert an Spionagethriller, etwa die Verwendung von Zeitlupen; Peppers aufwändige Defensivausrüstung könnte sogar aus einem Actionfilm stammen. Doch hier ist alles real. Die jungen Frauen sind sympathisch in ihrer Nachdenklichkeit, ihrer Wut und Verzweiflung, in ihren klugen, abgeklärten Statements. Diese Authentizität ist – neben dem Verzicht auf Agitation und Heroisierung – vielleicht das größte Plus von “Dear Future Children”.