DDR 1953: Schauprozesse gegen die Junge Gemeinde

Am 27. Januar 1953, beschloss das SED-Politbüro der DDR, Schauprozesse gegen Mitglieder der Jungen Gemeinde. Junge Leute wurden wegen ihres Christseins von Schulen und Universitäten verwiesen.

Extrablatt der Jungen Welt 1953
Extrablatt der Jungen Welt 1953

In Zossen bei Berlin fand ein Schauprozess gegen junge Christinnen und Christen am Gründonnerstag 1953 statt. Gudrun Witsch als Zeitzeugin erinnert sich, wie das in ihrer Schule ablief.

An der Zossener Oberschule fand der Schauprozess gegen Mitglieder der „Jungen Gemeinde“ am Gründonnerstag 1953 statt. In Rangsdorf gab es 1951/52 in den beiden 8. Klassen trotz Werbung für die DDR-Pionierorganisation (eine politische Massenorganisation für Kinder), nur drei „Junge Pioniere“. Die Freie Deutsche Jugend (FDJ) war für uns kein Thema. Die „Junge Gemeinde“ hatte in Zossen kaum Zulauf. Dagegen war sie in Blankenfelde recht lebendig. Mit meinem Bruder war ich ab 1. September 1952 in der 9. Klasse in Zossener Oberschule. Da kam vor Ostern ein neuer Direktor, der am letzten Schultag vor den Osterferien eine Schülerversammlung ansetzte.

Bischof Dibelius war der „Böse aus dem Westen“

Ich dachte eigentlich, er wollte sich damit nur nach „oben“ beliebt machen. Es ging um die „Junge Gemeinde“. Unsere Orte gehörten mit zum Kirchenkreis „Zehlendorf-Ost“. Bischof Dibelius war der „Böse aus dem Westen“. Ein Schüler aus Blankenfelde – 10. oder 11. Klasse – wurde besonders vorgenommen. Eine Mitschülerin seiner Klasse – aktiv in der FDJ – wollte ihn verteidigen. Da wurde sie als Staatsfeind vom Direktor bedroht.

Unterschreiben oder Schulverweis

Das Ganze endete damit, dass alle Schüler zwischen zwei eng gestellten Tischen den Raum verlassen musste, um auf ausgelegten Blättern zu unterschreiben, dass sie der „Jungen Gemeinde“ fernbleiben. Das traf eine katholische Mitschülerin, die nicht unterschrieb, weil es in ihrer Kirche die „Junge Gemeinde“ gar nicht gab. Sie kam später wieder zurück und machte 1956 ihr Abitur in Zossen.

Oberschule adé

Ich unterschrieb, um meine Mutter nicht noch mehr zu belasten, verließ aber nach der 9. Klasse die Oberschule. Die 10. Klasse als Abschluss gab es erst 1954. Mir ist diese Versammlung noch sehr gegenwärtig. Mein Bruder und andere Mitschüler haben sie vergessen. Nach dem 17. Juni 1953 wurde manches etwas „leichter“, oder anders.

Zwei Überbrückungsjahre im Diskonissenhaus in Berlin-Lichtenberg und die Möglichkeit der Berufsausbildung im „Lette-Haus“ in Westberlin zur Medizinisch-Technischen Assistentin (MTA) wurden die Grundlage für meinen „geschützten“ Arbeitsplatz bis zur Rente.

Gudrun Witsch ist Leserin der Evangelischen Wochenzeitung „die Kirche“ und wohnt in Rangsdorf