Das Stichwort: Völkermord in Ruanda

Beim Genozid in Ruanda ermordeten Extremisten der Hutu-Mehrheit 1994 bis zu einer Million Menschen. In rund 100 Tagen sorgten sie in dem ostafrikanischen Land für ein beispielloses Blutvergießen. Die meisten Opfer waren Tutsi, aber auch gemäßigte Hutu wurden getötet. Das Massaker endete erst, als die Rebellen der „Ruandischen Patriotischen Front“ (RPF) im Juli 1994 die Hutu-Milizen besiegten.

Auslöser war am 6. April 1994 der bis heute ungeklärte Abschuss des Flugzeugs des autoritären Präsidenten Juvénal Habyarimana, der zur Hutu-Volksgruppe gehörte. Noch in derselben Nacht begann das Morden. Die Massaker an den Tutsi waren von langer Hand vorbereitet. Seit Monaten waren Macheten an Hutu-Milizen verteilt worden. Radiosender riefen zur Vernichtung der Tutsi auf, Milizen erhielten Todeslisten.

Die internationale Gemeinschaft ignorierte die Krise lange, obwohl der Kommandeur der UN-Truppen vor einem drohenden Genozid gewarnt hatte. Die 2.500 Blauhelme vor Ort durften nicht eingreifen, weil der UN-Sicherheitsrat ihnen ein robustes Mandat versagte. Der spätere Einsatz der französischen Armee ist umstritten. Ihr wird vorgeworfen, den Völkermördern freies Geleit in den Kongo gewährt zu haben.

Der Konflikt zwischen Hutu und Tutsi wurde bereits von den früheren Kolonialmächten Deutschland und Belgien angefacht, die gezielt die Tutsi-Minderheit als vermeintlich herrschende Schicht förderten. Noch unter belgischer Kolonialherrschaft verübten Hutu 1959 erste Massaker an den privilegierten Tutsi. Tausende flohen nach Uganda. Mit der Unabhängigkeit 1962 gelangten die Hutu an die Macht, immer wieder kam es zu Massakern an den Tutsi.

Im Exil bauten Tutsi-Flüchtlinge die RPF auf, die 1990 von Uganda aus angriff. 1993 wurde ein Friedensvertrag geschlossen, doch der Flugzeugabschuss machte die Hoffnung auf Frieden zunichte. Nach dem Sieg der RPF über die Hutu-Extremisten übernahm Rebellenchef Paul Kagame die Macht im Land. Kagame verordnete einen Versöhnungskurs. Täter mussten sich in Dorfgerichten, den sogenannten Gacaca, verantworten. Drahtzieher des Völkermords wurden vor ein internationales Tribunal gestellt.

Kagame regiert bis heute und wird für seinen autoritären Regierungsstil kritisiert. Es gibt kaum Opposition oder kritische Medien. Ruanda ist ein Binnenstaat an den Großen Seen, der etwa so groß ist wie Belgien. Von den rund 13 Millionen Einwohnern sind geschätzte 80 bis 85 Prozent Hutu, 10 Prozent Tutsi. Offiziell werden die Volksgruppen nicht mehr unterschieden.