Das jüdische Fest Pessach steht vor der Tür

Es werden die aufwendigsten Vorbereitungen des Jahres: Pessach ist das jüdische Fest der Freiheit, davor stehen jede Menge Arbeiten an. Eine wichtige Rolle spielt der Keller eines Hauses.

Pessach: Von einem Großputz und der Verbannung von Brot und Bier
Pessach: Von einem Großputz und der Verbannung von Brot und BierImago / Shotshop

Oleg Goloborodsky ist im Stress – Pessach steht vor der Tür. Die Vorbereitungen für eines der wichtigsten jüdischen Feste sind umfangreich. Der 62-Jährige steht im Eingangsbereich der Bonner Synagoge, hinter der Sicherheitsschleuse. Dort ist ein kleiner Tisch mit koscheren Lebensmitteln und Getränken aufgebaut, die Gemeindemitglieder für Pessach kaufen können. Hier ist ein Kommen und Gehen, alle sind beschäftigt.

Dennoch nimmt sich Goloborodsky Zeit für ein Gespräch. Er setzt sich in eine der Reihen im Synagogenraum, wo es still ist, abgesehen vom Regen, der zeitweise auf das Dach fällt. Hier ist man eingehüllt in warme Brauntöne, im Gang liegt ein Teppich, vorne der geschmückte Thoraschrein. “Meine Frau putzt seit einem Monat”, sagt Goloborodsky. Just dieser Großputz ist Teil der umfangreichen Vorbereitungen.

Pessach-Vorbereitung: Verbannung von Brot und Bier

Das Haus beziehungsweise die Wohnung soll frei sein von Chametz, also von gesäuerten Lebensmitteln. Das heißt zum Beispiel: keine Nudeln, keine Teigwaren, kein Brot – kein Krümel. Zu den Produkten, die verbannt werden, gehört auch Alkohol, der auf Getreide basiert, etwa Bier und Whiskey. Auch sie müssen weg über Pessach.

Selbst im Staubsauger solle nichts mehr sein, sagt Goloborodsky. “Alles muss sauber sein.” An Pessach ist es nicht erlaubt, Brot und andere gesäuerte Speisen zu essen oder zu besitzen. Das Fest, das in diesem Jahr am Montagabend beginnt und am 30. April endet, erinnert an den biblischen Auszug des Volkes Israel aus Ägypten, an die Befreiung aus der Sklaverei und den Zug durch die Wüste.

Pessach-Feier: Matzah-Brot mit koscherem Wein
Pessach-Feier: Matzah-Brot mit koscherem WeinImago / Dreamstime

Seinerzeit hatte der Überlieferung zufolge Mose die Menschen eilig aus Ägypten geführt, und es blieb keine Zeit, das Brot zu säuern. Als Erinnerung daran werden an Pessach Matzen, also ungesäuerte Brote, gegessen und gesäuerte Produkte gemieden. Diese sollen bis zum Beginn des Festes verzehrt sein. Wenn das nicht klappt, müssen sie aus dem Haus oder der Wohnung geschafft werden, etwa in den Keller.

Chamez: Rabbiner erhält Vollmacht zum Verkauf

Um das Gesäuerte tatsächlich loszuwerden, wird es verkauft – und bleibt, obwohl es den Besitzer gewechselt hat, an Ort und Stelle, also zum Beispiel im Keller. Die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD), die die orthodoxe Strömung im Judentum vertritt, erklärt: “Es ist üblich, den örtlichen Rabbiner dazu zu bevollmächtigen, das Chamez jedes Interessierten zu verkaufen. Zu diesem Zweck wird eine Vollmacht für den Rabbiner unterschrieben.”

In der Regel verkauft der nicht-jüdische Käufer die Produkte nach Pessach einfach wieder zurück an den ursprünglichen Besitzer. “Das zu verkaufende Chamez sollte sicher in einem Raum oder in einem Schrank verschlossen werden. Dieser Raum beziehungsweise dieser Schrank werden während des Pessach-Festes nicht genutzt”, erklärt die ORD.

So auch bei Familie Goloborodsky in Bonn. Bei ihr befindet sich das Gesäuerte ebenfalls abgeschlossen im Keller. Oleg Goloborodsky, der unterschiedliche Aufgaben in der Gemeinde hat, berichtet von dem Vollmachtsformular, das er ausfüllt und das die ORD online zur Verfügung stellt. Dort trägt er ein, was und wie viel Chamez er verkauft und wo der Schlüssel zu seinem Keller zu finden ist.

Chamez-Verkauf: “Das ist kein Spiel”

Spielerischer wird es, wenn kurz vor Pessachbeginn für Kinder kleine Portionen Chametz im Haus oder in der Wohnung versteckt werden. “Das ist ein großes Balagan”, schmunzelt Goloborodsky und meint ein Durcheinander. Nach erfolgreicher Suche werden die Portionen und das wenige noch verbliebene Gesäuerte dann endgültig verbrannt – Pessach kann kommen. Mit Gottesdiensten in der Synagoge und dem Abendessen (Seder), bei dem Teilnehmende die biblischen Passagen vom Auszug aus Ägypten lesen und bestimmte Speisen essen, in der Gemeinde oder am Familientisch daheim.