Das Erste zeigt spannende Doku über „Kaiser“ Franz Beckenbauer

Ausführlich befasst sich eine Dokumentation mit dem Leben von Franz Beckenbauer – und bietet einen spannenden Blick auf ein Gesamtlebenswerk mit Licht und Schatten.

Im Sportbereich gibt es nur wenige, mit deren Namen jeder etwas anzufangen weiß. Franz Beckenbauer – Spitzname „Der Kaiser“ – ist so einer. Als „Krönung“ in seinem „sportlichen Wohnzimmer“, dem Münchner Olympiastadion, gilt der Gewinn der Weltmeisterschaft; dieser absolute Höhepunkt für den Fußballer ereignete sich am 7. Juli 1974.

Film- und Bildmaterial, auch TV-Dokumentationen, gibt es über eine der schillerndsten Gestalten im deutschen Fußballsport zuhauf. Franz Beckenbauer erscheint wie ein nationales Gut; der Mensch dahinter ist nur wenigen vorbehalten. Im ARD-Dokumentarfilm „Beckenbauer“ von Philipp Grüll und Christoph Nahr verweben sich am Abend des 8. Januar, zur besten Sendezeit, beide Bereiche zu einem spannenden Blick auf ein Gesamtlebenswerk mit Licht und Schatten. In der Mediathek ist die Doku bereits ab 2. Januar abrufbar.

Von der Kindheit von Franz Anton Beckenbauer, geboren am 11. September 1945 in München, erfährt man vom eher öffentlichkeitsscheuen vier Jahre älteren Bruder Walter. Er ist mit Franz in Giesing am Ostufer der Isar aufgewachsen. Um die Erziehung der Jungs habe sich einzig die Mutter gekümmert, berichtet Walter. Fußball und Ehrgeiz kamen früh in das Leben seines jüngeren Bruders Franz.

Neben dessen Bruder beschreiben Beckenbauers ehemalige Lebensgefährtin, Sport-Fotografin Diane Sandmann, und seine geschiedene Ex-Ehefrau Sybille („Er war mein Lebensmensch!“) den Mann und Lebenspartner. Auch Deutschlands frühere Top-Politiker Wolfgang Schäuble (CDU), Otto Schily und Joschka Fischer (beide Grüne) ordnen ihre Eindrücke und Begegnungen mit Beckenbauer ein. Vom Mitspieler, Fußballer und Trainer erzählen Weggefährten wie Günter Netzer, Paul Breitner und Sepp Maier aus allen Phasen von Beckenbauers sportlicher Karriere. „So wollen wir Facetten zeigen und Geschichten erzählen, die auch Beckenbauer-Fans noch nicht kennen dürften“, sagt Filmemacher Nahr.

Ungewöhnlich ist auch die Kombination der Autoren, die für diesen Dokufilm erstmals zusammen gearbeitet haben: Philipp Grüll ist Investigativ-Journalist in der Redaktion Politische Magazine und Dokumentationen beim Bayerischen Rundfunk und hat für das Erste schon filmische Porträts von Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Armin Laschet produziert. Christoph Nahr ist langjähriger BR-Sport-Journalist und -Reporter.

Die Idee des Autorenduos war, nicht nur jene Bilder zu verwenden, die längst Klassiker sind – etwa als Franz Beckenbauer 1994 vor laufenden ZDF-Kameras im „Sportstudio“ den Ball vom Weißbierglas direkt in die Torwand schießt. In langwieriger Fleißarbeit wurden für die Doku in Archiven viele Radio- und Fernsehmitschnitte gesichtet, zigtausende Fotos angesehen. „Man wird fast erschlagen von der Fülle, die es über diesen Mann gibt“, berichtet Grüll – und Nahr ergänzt: „Unsere Herausforderung war, die Archiv-Perlen aus einem Meer an Material herauszutauchen.“

Dass aller Aufwand sich gelohnt hat, zeigt die kurzweilige und interessante Dokumentation über Franz Beckenbauer zwischen Ruhm und Korruption. Der Film – für Fans und Nicht-Fußball-Begeisterte gleichermaßen geeignet – vervollständigt als eine gelungene Mischung aus Klassikern und bisher unbekanntem Archivmaterial ein neues Bild vom Leben und Lebenswerk des Menschen und Jahrhundert-Fußballers. Beckenbauer wird als Lichtgestalt gefeiert, die die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 nach Deutschland geholt hat. Ebenso aber ist zu sehen, wie er neun Jahre später auf dem Titel vom Polit-Magazin „Der Spiegel“ prangt – es geht um Korruption und ein „gekauftes Sommermärchen“.

Heute lebt er zurückgezogen in Salzburg, nachdem ihn private Schicksalsschläge und Korruptionsvorwürfe schwer getroffen haben, berichtet sein Bruder Walter Beckenbauer am Ende der Doku.

„Wir wollten mit unserem Film nicht urteilen“, sagt Grüll. Nahr hofft, dass sich die Zuschauerinnen und Zuschauer selbst ein Bild machen werden. Fakten werden dazu geliefert. Auffallend angenehm ist auch, dass in der Doku komplett auf einen Sprechertext verzichtet wird, dass stattdessen Interviewpartner die Geschichte von Franz Beckenbauer erzählen.