Darum macht nur eine echte Weihnachtskarte wirkliche Freude

Mit digitalen Weihnachtsgrüßen erreicht man in kurzer Zeit viele Menschen. Aber nur eine handgeschriebene Karte löst beim Empfänger echte Freude aus, sagt der Hamburger Psychologe Michael Thiel. Schreib-Blockaden ließen sich dabei leicht überwinden.

Aaron Burden / Unsplash

Hamburg. Videos mit singenden Elfen, wackelnde Tannenbäume per WhatsApp oder ein standardisiertes Mailing: Inzwischen gibt es viele digitale Möglichkeiten, Weihnachtsgrüße mit einem kurzen Klick zu verschicken. Trotzdem hat die klassische Weihnachtskarte auf Papier immer noch viele Fans. „Wir leben in einer sehr schnelllebigen Zeit. Da ist es echte Wertschätzung, wenn ich jemandem eine persönliche Karte schreibe“, sagt der Hamburger Psychologe Michael Thiel.

Mit seiner Frau schreibt er jedes Jahr zu Weihnachten rund 50 Postkarten an Freunde, Familie und Geschäftspartner. Anders als mit einem unpassenden Geschenk könne man mit einer Karte nichts falsch machen. „Sie wird dem, der sie bekommt, auf jeden Fall Freude machen“, so Thiel.

Entschleunigung in einer stressigen Zeit

Das Schreiben selbst entschleunige zudem in der stressigen Adventszeit, so der Psychologe. In seinem Podcast-Adventskalender erklärt Thiel, wie man den inneren Schreib-Schweinehund gut überwinden kann. Der Podcast richtet sich an Kinder und dreht sich in jeder Folge um ein vorweihnachtliches Thema. Er wurde für die Hamburger „Stiftung Kinderjahre“ entwickelt, um Kindern im Corona-Lockdown eine Freude zu machen.

Länger im Gedächtnis

„Bei Tee und Keksen setzen meine Frau und ich uns gemütlich hin und machen uns Gedanken, was wir den Menschen schreiben. Das macht Spaß“, erklärt er. Und beim Empfänger bleibe eine haptische Karte viel länger im Gehirn haften als eine Massen-Mail. Thiel selbst bewahrt alle Karten auf, die er bekommt. Massen-Mails landen dagegen gleich im Papierkorb. Er beobachtet aber, dass ihn jedes Jahr mehr Massen-Mails und etwas weniger Karten erreichen.

Das Kurt Heymann Buchzentrum mit 14 Buchhandlungen in Hamburg und Umgebung bestätigt diesen Trend nicht. Die Verkaufszahlen der Weihnachtskarten seien in den vergangenen Jahren eher gestiegen, sagte Jennifer Mertens vom Zentraleinkauf dem epd. Auch der Hamburger Goldbek Verlag, der die Karten für den Einzelhandel gestaltet und produziert, meldet stabile Absatzzahlen.

Neben dem stationären Einzelhandel bieten inzwischen auch viele Online-Händler den individuellen Druck von Weihnachtsbotschaften an. Unternehmen und Privatpersonen können aus verschiedenen Vorlagen wählen oder selbst kreativ werden.

Die teuerste Weihnachtspost der Welt

Neben dem ideellen Wert sind auch real die Preise für Weihnachtskarten gestiegen, seit 2016 um zehn Prozent. Postkarten sind etwa für 1,50 Euro pro Stück zu haben, 2,50 bis 3,50 Euro kosten Doppelkarten. Für Pop-Up-Karten mit 3D-Effekt werden sogar bis zu 9 Euro fällig.

Das sind jedoch Schnäppchen im Vergleich zum Preis der allerersten Weihnachtskarte, die 1843 in London mit einer Stückzahl von 1.000 in den Druck ging. Sir Henry Cole beauftragte den Illustrator John Callcott Horsley, für ihn eine Weihnachtskarte mit dem Text „Merry Christmas and a Happy New Year to You“ zu kreieren. Bei einer Auktion im November 2001 wurde eine dieser Karten zum Rekordpreis von 22.500 Pfund versteigert. (epd)