Darum grasen Kühe vor dem Reichstag

Eine Herde Milchkühe hat es sich auf dem Rasen vor dem Reichstag gut gehen lassen. Greenpeace und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft wollen damit auf ein Problem aufmerksam machen.

Diese Herde Milchkühe scheint sich wohlzufühlen vor dem Reichstag
Diese Herde Milchkühe scheint sich wohlzufühlen vor dem ReichstagImago / epd

Auf der Wiese vor dem Bundestag in Berlin hat am Dienstag eine Herde Milchkühe gegrast. Damit sollten die Vorteile der Weidehaltung bei Milchkühen verdeutlicht werden, betonten die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und Greenpeace. Nur noch knapp ein Drittel der Milchkühe in Deutschland kommt nach Angaben der beiden Verbände zumindest zeitweise auf die Weide, obwohl die Weidehaltung besonders artgerecht sei und sich positiv auf die Gesundheit der Tiere und den Erhalt der Artenvielfalt auswirke.

Zudem speichere beweidetes Grünland deutlich mehr klimawirksamen Kohlenstoff im Boden als Ackerboden, hieß es. Die Rinder auf der Reichstagswiese zeigten stellvertretend für ihre 3,8 Millionen Artgenossinnen, dass Milchkühe auf die Weide gehören und der Trend zur ganzjährigen Stallhaltung umgekehrt werden müsse, betonten AbL und Greenpeace. Bäuerinnen und Bauern müssen zudem die Möglichkeit haben, auf dem Milchmarkt gerechte Preise zu erzielen. Das werde nur geschehen, wenn Weidehaltung angemessen entlohnt werde und Milchbäuerinnen und Milchbauern eine wirtschaftliche Perspektive erhielten.

„Von der Weide in den Stall“

Die Verbände forderten von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) eine bessere Förderung der Weidehaltung. Der AbL-Landesvorsitzende von Niedersachsen, Ottmar Ilchmann, sagte: „Die aktuelle Politik treibt meine Milchkühe von der Weide in den Stall.“ Die vergleichsweise guten Milchpreise des vergangenen Jahres könnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass es noch immer keinen funktionierenden Milchmarkt gebe.

Zum Reichstag bitte einmal links abbiegen!
Zum Reichstag bitte einmal links abbiegen!Imago / epd

AbL-Bundesgegschäftsführer Georg Janßen sagte, 40 Prozent der Milchviehbetriebe hätten in den vergangenen zehn Jahren aufgrund katastrophaler Erzeugerpreise aufgegeben: „Wir wollen, dass das Höfe-Sterben gestoppt wird.“ Drei Viertel der Tiere kämen nicht mehr auf die Weide, weil die Betriebe nur mit intensiver Produktion existieren könnten.

Der Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Lasse van Aken warnte, die Kuh auf der Weide verkomme in Deutschland zur „bedrohten Art“. Immer weniger Kühe kämen immer seltener und immer kürzer auf die Weide. „Wenn die Weidekuh nicht auf die Rote Liste gefährdeter Arten rutschen soll, muss Cem Özdemir jetzt mächtig gegensteuern und ein Weideförderprogramm auflegen. Das Geld dafür ist da“, sagte van Aken.

Höhere Kosten

Auf der Weide könnten Kühe klimaschonend Milch herstellen. Der Bundeslandwirtschaftsminister müsse Weidehaltung wieder zu einem zukunftsfähigen Wirtschaftszweig machen. „Jahrzehntelang wurden im Milchviehsektor große Ställe gefördert. Dieses Geld kann man jetzt anders einsetzen für eine zukunftsfähige, nachhaltige Milchproduktion“, sagte van Aken. Landwirte müssten dafür bezahlt werden, wenn sie ihre Kühe auf die Weide stellen, denn das verursache mehr Kosten als sie im Stall zu halten.

Kühe, die im Stall stehen, würden überdies zu großen Teilen mit Kraftfutter gefüttert, das auf Ackerstandorten angebaut werde. Davon seien hohe Mengen erforderlich, um die derzeitigen Milchleistungen zu erbringen. Langfristig darf es dem Greenpeace-Landwirtschaftsexperten zufolge in Deutschland nur noch so viele Kühe geben, wie mit Weidehaltung ernährt werden können.