Die Kulisse: imposant, das Thema: brisant. Innenminister Dobrindt hat einige Amtskollegen aus Nachbarländern auf die Zugspitze eingeladen. Auf dem höchsten Punkt Deutschlands will er Impulse zur Migrationspolitik setzen.
In Sachen Migration will der Bundesinnenminister hoch hinaus. Am Freitag trifft er sich mit Amtskollegen auf der Zugspitze. Wer alles dabei ist und worum es gehen soll, erklärt die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA):
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat seine Amtskolleginnen und -kollegen aus den Nachbarländern Frankreich, Polen, Österreich, Dänemark und Tschechien eingeladen. Auch EU-Innenkommissar Magnus Brunner wird am Zugspitzgipfel teilnehmen. Damit sind nicht alle Nachbarländer Deutschlands vertreten, aber das Treffen ist laut Ministerium als Auftakt für weitere Gespräche zu verstehen. Schon in der kommenden Woche kommen zum Beispiel die EU-Innen- und Justizminister in Kopenhagen zusammen.
Im Mittelpunkt soll die Neuordnung der europäischen Migrationspolitik stehen. Offiziell benannt werden sie nicht, aber auch Grenzkontrollen dürften Gegenstand der Gespräche sein. Ziel des Treffens ist es aus Sicht Dobrindts, wichtige Impulse für eine härtere Gangart zu geben. Oder wie ein Sprecher des Innenministeriums es vor dem Gipfel formulierte: Die Teilnehmer wollten “eine Agenda für den Migrationsturbo in Europa” vorlegen. Kritiker einer härteren Migrationspolitik wie die Organisation Pro Asyl warnen dagegen vor einem “Gipfel der Abschottung”.
Geplant ist die Verabschiedung einer “Zugspitz-Erklärung”. Die darin enthaltenen Punkte sollen von den teilnehmenden Innenministerinnen und Innenministern in den kommenden Wochen und Monaten gemeinsam auf europäischer Ebene vorangetrieben werden. Dabei geht es unter anderem um Schritte zur Umsetzung von innovativen Lösungen mit Drittstaaten, wie es heißt. Außerdem soll Schleuserkriminalität entschlossen bekämpft werden. Ziel sind auch konsequente Abschiebungen und starke EU-Außengrenzen.
Die schwarz-rote Koalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, die im Mai 2024 beschlossene Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) weiterzuentwickeln. Innenminister Dobrindt sprach auch in diesem Zusammenhang bereits von Nachschärfen. Bislang ist die Reform in Deutschland noch gar nicht umgesetzt. Die EU-Mitgliedstaaten haben bis zu zwei Jahre Zeit zur Umsetzung.
Die frühere Ampel-Regierung hatte noch am Tag ihres Zusammenbruchs im vergangenen November am Vormittag Gesetzentwürfe zur Umsetzung der Reform auf den Weg gebracht. Sie sieht einheitliche Asylverfahren an den EU-Außengrenzen vor, mit dem Ziel, Geflüchtete gegebenenfalls direkt von dort abschieben zu können. Auch sollen Menschen in sogenannte sichere Drittstaaten zurückgeschickt werden können, sofern sie eine Verbindung zu diesem Land haben – etwa durch Angehörige oder ein Studium.
Im Fokus steht das sogenannte Verbindungselement, nach dem Migranten eine Verbindung zu dem Drittstaat haben müssen, in den sie abgeschoben werden oder in den ihr Asylverfahren verlagert wird. Dieses Element wollen CDU, CSU und SPD ausweislich ihres Koalitionsvertrags streichen. Auch andere EU-Staaten sind dafür.
Die EU-Kommission hat im Mai bereits vorgeschlagen, dass die Verbindung Betroffener zu Drittstaaten künftig nicht mehr obligatorisch sein soll. Demnach könnte die Durchreise durch einen als sicher angesehenen Drittstaat bereits ausreichen. Zudem könnten Migrationsabkommen und -vereinbarungen mit anderen Staaten dafür sorgen, dass eine Abschiebung dorthin möglich wäre – sofern eine Prüfung des Asylantrags sichergestellt ist. Mit den Änderungen müssen sich das Europäische Parlament und der Europäische Rat aber noch befassen. Das gilt ebenfalls für ein neues Gemeinsames Europäisches Rückkehrsystem, das die Kommission im März für mehr und schnellere Abschiebungen vorgeschlagen hat.
Das Bundesinnenministerium lässt auf Nachfrage offen, warum das Treffen ausgerechnet dort angesetzt wurde. Ein Indiz dürfte aber sein, dass die Zugspitze in Dobrindts Wahlkreis liegt. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte sich am Dienstag zum Antrittsbesuch mit der bayerischen Landesregierung auf der Zugspitze getroffen. Auf die Frage, warum das Treffen nicht in München, sondern auf dem Gipfel stattfinde, antwortete Regierungssprecher Stefan Kornelius im Vorhinein mit einem Augenzwinkern, dass der Vorschlag aus Bayern gekommen sei, man aber nie hoch genug hinaus könne.