Correctiv-Chef: Robust gegen Einschüchterungsklagen vorgehen

Justus von Daniels, Chefredakteur des Recherchezentrums Correctiv, hält im Journalismus ein robustes Vorgehen gegen Einschüchterungsklagen für wichtig. Es komme häufig vor, dass Betroffene „einfach mal so quasi losklagen, allein um durch ein Verfahren in der Öffentlichkeit Zweifel zu säen“, sagte Daniels in der neuen Ausgabe des Medien-Podcasts „Läuft“, die am Dienstag erschienen ist. „Dem müssen wir uns entgegenstellen, und zwar offensiv und nicht nicht aus Angst und nicht defensiv.“

Correctiv hatte im Januar mit der Recherche „Geheimplan gegen Deutschland“ über ein Geheimtreffen von Rechtsextremisten in Potsdam für Aufsehen gesorgt. Bei dem Treffen, an dem neben AfD-Politikern und Neonazis auch Unternehmer teilnahmen, wurde unter anderem über eine Ausweisung von Menschen mit Migrationshintergrund gesprochen. Die Veröffentlichung, die für den Grimme Online Award nominiert ist, löste bundesweit Demonstrationen aus.

In den von Teilnehmern angestrengten Gerichtsverfahren habe Correctiv bisher „fast alles gewonnen, bis auf einen einzigen Halbsatz, der auch noch nicht mal den Kern der Recherche betraf“, betonte Daniels. Bei Correctiv hätten Redaktion und Geschäftsführung ein gemeinsames Verständnis, dass man den Gegenwind aushalten müsse, der nach investigativen Recherchen aufkommen könne.

Angesichts des hohen Finanzrisikos müssten investigative Medien allerdings gut aufpassen und sich sorgfältig juristisch begleiten lassen. Wenn eine von Berichterstattung betroffene Organisation versuchen sollte, Correctiv oder ein anderes Medium finanziell bis zur Existenz hin zu schädigen, müssten sich Medien und Gesellschaft „wirklich unterhaken und in dem Fall dann auch wirklich eine Welle machen“, forderte Daniels.

Correctiv mit Sitz in Essen wurde 2014 gegründet. Das gemeinnützige Netzwerk finanziert sich größtenteils aus Spenden von Nutzern und Lesern sowie aus Fördergeldern von Stiftungen, Institutionen, Unternehmen und öffentlichen Stellen.

Der Podcast „Läuft“ ist eine Koproduktion des Fachdienstes epd medien und des Grimme-Instituts in Marl. Er befasst sich mit aktuellen Themen aus der Medienbranche, nimmt aber auch Fernseh-, Radio- und Streaming-Produktionen sowie Podcasts und besondere Webangebote in den Blick.