Citizen Science: Wenn Forschende von Laien profitieren

In bürgerwissenschaftlichen Projekten helfen ganz normale Leute Forschenden bei der Arbeit. Ein finanziell lukrativer Wettbewerb soll den Ansatz populärer machen.

Stadtteil-Historikerin Sheina Di Gennaro-Bretzler auf dem Schlossplatz in Frankfurt-Hoechst
Stadtteil-Historikerin Sheina Di Gennaro-Bretzler auf dem Schlossplatz in Frankfurt-HoechstHeike Lyding / epd-Bild

Manche begeben sich auf die Spuren von Seepferdchen im Wattenmeer, andere zählen Vögel im eigenen Garten. Wieder andere erforschen Stadtteil-Historie oder Liebesbriefe, messen die Feinstaubbelastung in ihrer Umgebung oder dokumentieren die Menge an Plastikmüll in Flüssen. Die Themen, um die es geht, sind vielfältig. Doch eines haben bürgerwissenschaftliche Projekte gemeinsam: Die Mitmachaktionen sind in den zurückliegenden Jahren sehr beliebt geworden. Ein in diesem Jahr zum zweiten Mal aufgelegter Wettbewerb will den „Citizen Science“ genannten Ansatz noch bekannter und beliebter machen.

In der diesjährigen Auflage des Wettbewerbs „Auf die Plätze! Citizen Science in deiner Stadt“, dessen Bewerbungsfrist am letzten März-Wochenende endete, gingen 58 Bewerbungen ein. Wie Projektmanagerin Linn Jördens auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) mitteilte, waren das elf mehr als bei der ersten Auflage im vergangenen Jahr. Für den Wettbewerb zeichnen sich das Museum für Naturkunde Berlin und die ebenfalls in der Bundeshauptstadt ansässige, gemeinnützige GmbH „Wissenschaft im Dialog“ verantwortlich.

Gefördert durch Bundesforschungsministerium

Mit Abstand die meisten Einreichungen (zwölf) kamen aus Baden-Württemberg, dahinter folgen mit jeweils sieben Bewerbungen die Bundesländer Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Sechs Vorschläge stammten aus Berlin. Bei den Themenbereichen der einzelnen Bewerbungen dominieren die Naturwissenschaften (30), doch auch Kultur- und Geisteswissenschaften (26) sowie Ingenieurs- und Planungswissenschaften (20) sind stark vertreten. Der Wettbewerb fördert laut Projekt-Webseite „Ideen, die ‚Citizen Science‘ als zukunftsweisenden Ansatz vor Ort erlebbar machen und verankern“.

Gewinner erhalten 50.000 Euro zur Umsetzung ihrer Idee

Welche drei Vorschläge sich über diese stattliche Summe freuen dürfen, wird sich erst im Herbst entscheiden. Bis Mitte Mai wählt eine Jury zehn Finalteilnehmer aus, die bereits 2.500 Euro erhalten. Im anschließenden „Ideensprint“ geht es um den Feinschliff, den die Bewerberinnen und Bewerber gemeinsam mit Partnern leisten müssen. Diese Phase dauert bis Ende Juli. In einer letzten Runde kürt die Jury drei Konzepte, die jeweils 50.000 Euro bekommen, um ihre lokalen Citizen-Science-Ideen und -Aktionen umzusetzen. Projektmanagerin Jördens zufolge entscheidet die Jury Mitte September über die preiswürdigen Projekte und Ende desselben Monats werden die Preise verliehen.

Sprach-Checker-Projekt: Lust auf mehr wecken

Bei der ersten Auflage des Wettbewerbs im vergangenen Jahr setzten sich drei Projekte aus Hamburg, Dresden und Mannheim durch: Aus der baden-württembergischen Stadt war das Projekt „Die Sprach-Checker – so sprechen wir in der Neckarstadt“ erfolgreich, das das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache vorgeschlagen hatte. Im prämierten Dresdner Projekt geht es um nachhaltiges und klimagerechtes Bauen und Sanieren, in Hamburg um „Stadtrandgeschichten“ als Identifikationsanker in einem migrantisch geprägten Stadtteil.

Bürgerwissenschaftliches Projekt "Die Sprach-Checker - so sprechen wir in der Neckarstadt" in Mannheim
Bürgerwissenschaftliches Projekt "Die Sprach-Checker - so sprechen wir in der Neckarstadt" in MannheimSchoppa-Briele / IDS / epd-Bild

Dass aus Baden-Württemberg in diesem Jahr die meisten Bewerbungen stammten, erklärt Projektmanagerin Linn Jördens auch mit dem Erfolg des Mannheimer Sprachprojekts im Vorjahr. Die Szene sei gut vernetzt und der aktuelle Preisträger aus Mannheim schaffe „mehr Sichtbarkeit für den Preis“, vermutet sie.

Die Initiatoren des Mannheimer „Sprachchecker“-Projekts wünschen sich nach eigener Darstellung vor allem, dass „die Kinder und Jugendlichen sichtbaren Spaß an der gemeinsamen Entwicklung von Fragen zu Sprache(n) haben, erleben, dass ihr sprachlicher Alltag die Forschung bestimmt, und durch den spielerischen Einblick und das gemeinsame Forschen Lust auf mehr bekommen“. Das bringe auch neue Forschungsfragen und -ansätze für die Wissenschaft hervor und lasse „Forschung dadurch gleichzeitig nah- und erfahrbar für die Öffentlichkeit werden“.