Christen ebnen Trump den Weg ins Weiße Haus
Donald Trump verdankt seinen Wahlsieg vor allem weißen Christen. Neben seiner evangelikalen Stammklientel wandten sich Katholiken ebenfalls verstärkt dem alten und künftigen Präsidenten zu.
Die Ergebnisse der Wahlen in den USA liefern mit Blick auf die christliche Wählerschaft einige widersprüchliche Befunde. Einerseits spielen Christen als Wähler eine zentrale Rolle bei der Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus. 81 Prozent der weißen evangelikalen Christen stimmten für Trump – noch mehr als 2020. Bei den weißen Katholiken waren es 61 Prozent, bei weißen Protestanten 72 Prozent.
Zugleich sprachen sich die Wähler in sieben von zehn Bundesstaaten bei Abtreibungsreferenden für liberalere Regelungen aus, auch in konservativen Staaten wie Missouri. In Arizona, Montana, Nevada, Colorado, New York und Maryland feierten Abtreibungsbefürworter ebenfalls Siege. Die Referenden in Nebraska und South Dakota gingen an die Gegner.
In Florida gab es 57 Prozent Zustimmung für ein Referendum, das den legalen Zugang deutlich erweitert hätte. Die Abstimmung scheiterte aber an einer 60-Prozent-Hürde. Die katholischen Bischöfe hatten in dem Sunshine State eine Million Dollar in den Kampf gegen das Referendum investiert.
Der gemeinsame Nenner dieser Parallelentwicklung bei den Wahlen hat mit dem abnehmenden Einfluss der Kirche auf die Entscheidungen der Gläubigen zu tun. Während die katholischen Bischöfe das Thema Abtreibung als “vorrangige Priorität” bezeichneten, spielten für viele christliche Wähler laut Nachwahlumfragen wirtschaftliche Faktoren und die Einwanderung eine größere Rolle.
Der Politikwissenschaftler Ryan Burge von der Eastern Illinois University sagte dem “Religion News Service”, Trumps Wahlsieg in den umkämpften Bundesstaaten sei den christlichen Wählern zu verdanken. “Diese Art von Unterstützung ist schwer zu überwinden, besonders in den Swing States des Rust Belt wie Pennsylvania, Michigan und Wisconsin.”
Bemerkenswert ist die Entwicklung bei den katholischen Wählern. Diese Gruppe wird von Wahlzyklus zu Wahlzyklus ein stärkerer Wählerblock der Republikaner. “Wir können davon ausgehen, dass die katholische Wählerschaft sich im Verhältnis 60 zu 40 für die Republikaner entscheidet”, bestätigt Burge. “Und dieser Anteil könnte sogar noch steigen.”
Der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz, Erzbischof Timothy Broglio, gratulierte Trump zum Wahlsieg. “In den Vereinigten Staaten haben wir das Glück, in einer Demokratie zu leben”, erklärte Broglio und rief zu Respekt im Umgang miteinander auf. Keine Partei habe ein Monopol auf den katholischen Glauben, betonte der Vorsitzende. “Die Lehren der Kirche bleiben unverändert – egal, wer im Weißen Haus sitzt.”
Der Erzbischof könnte schon bald auf dem Feld der Migrationspolitik mit dem künftigen Präsidenten aneinandergeraten, wenn dieser mit der angekündigten größten Massenabschiebung der Geschichte Ernst machen sollte. Das liefe den Prioritäten der Kirche zuwider, die Papst Franziskus beim Thema Einwanderung gesetzt hat.
Trumps harte Haltung zur Einwanderung findet hingegen Anklang bei den Hispanics: Bei den aktuellen Wahlen stimmten trotz Trumps Hetze gegen Migranten erstmals mehr als die Hälfte der hispanischen Katholiken (53 Prozent) und fast zwei Drittel der hispanischen Protestanten (64 Prozent) für den Rechtspopulisten.
Der Chef des renommierten Public Religion Research Institute, Robert Jones, sieht in dem Ergebnis eine Bestätigung der engen Verbindung zwischen weißen Christen und der republikanischen Partei. Viele sähen in Trump ein Bollwerk gegen den Verlust christlicher Werte und Normen in einer zunehmend säkularen Kultur. “Und sie gehen wählen.”
Die meisten anderen Glaubensgruppen – Juden, Muslime, schwarze Protestanten und konfessionslose Amerikaner – unterstützten erwartungsgemäß die Demokraten. Weiße Christen sind aber trotz einer zunehmenden Vielfalt der US-Gesellschaft weiterhin die größte religiöse Gruppe im Land. Sie machen etwa 42 Prozent der Bevölkerung aus. Politologe Burge bringt die Bedeutung dieser Gruppe für den Wahlausgang so auf den Punkt: In Staaten wie Pennsylvania sei der “weiße Gottes-Graben” kaum zu überwinden.