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Chef des ifo-Instituts kritisiert Wahlkampf mit Mindestlohn

Eine schnelle Mindestlohnerhöhung könnte laut dem Präsidenten des ifo-Instituts einen Stellenabbau im Dienstleistungssektor nach sich ziehen. Er plädiert dafür, die Entscheidung der Mindestlohnkommission zu überlassen.

Der Präsident des Münchner ifo-Instituts, Clemens Fuest, hat die Parteien zu Zurückhaltung beim Thema Mindestlohn aufgerufen. “Es wäre wünschenswert, die Höhe des Mindestlohns wieder der Mindestlohnkommission zu überlassen und das Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten”, schreibt er in einem am Freitag veröffentlichten Aufsatz auf der Homepage des Instituts.

Der Mindestlohn solle nicht von der Politik auf 15 Euro festgelegt werden, wie es etwa SPD und Grüne forderten, sagte Fuest, der auch Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an der Universität München ist. Die beiden Parteien wollten dieses Niveau nächstes beziehungsweise noch dieses Jahr erreichen. Eine solche Erhöhung gebe die aktuelle Wirtschaftslage nicht her. Zwar stiegen die durchschnittlichen Arbeitseinkommen trotzdem an, allerdings nur um voraussichtlich 13 Prozent zwischen 2023 und 2025/26. Steige der Mindestlohn im Verhältnis dazu deutlich schneller, sei dies schwer zu rechtfertigen.

Die von einer Erhöhung betroffenen Unternehmen seien mehrheitlich im Dienstleistungsbereich tätig, schreibt Fuest. Damit diese ihren Kunden nicht höhere Preise berechnen müssten, sei denkbar, dass sie dann Stellen abbauten. Selbst wenn nicht, müssten die Kosten letztlich von anderen Gruppen getragen werden. Zudem komme bei vielen Menschen nicht deutlich mehr Geld an, wenn der Mindestlohn erhöht werde. Denn staatliche Sozialleistungen wie Wohngeld fielen dann weg.

Einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn gibt es in Deutschland seit 2015. Aktuell liegt er bei 12,86 Euro brutto pro Stunde. Über die Anpassung des Mindestlohns entscheidet alle zwei Jahre eine unabhängige Komission. In dieser sind Vertreter der Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften vertreten. Die Kommission wird von Wissenschaftlern beraten.