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Celles jüngster Prediger

Jenson Nobbe kam zum Ehrenamt wie die Jungfrau zum Kind. Er sollte die kranke Pastorin in einem Gottesdienst vertreten. Jetzt ist der 20-Jährige Lektor.

Mutiger Schritt: Lektor Jenson Nobbe vor dem Altar der Pauluskirche in Celle
Mutiger Schritt: Lektor Jenson Nobbe vor dem Altar der Pauluskirche in CelleRyan Nobbe

So etwas geschieht nicht alle Tage. „Meine Pastorin fragte mich kurz vor Heiligabend, ob ich sie beim Krippenspiel-Gottesdienst vertreten könne“, erinnert sich der 20-jährige Jenson Nobbe. Sie sei krank. „Ich habe spontan zugesagt. Erst danach habe ich mich gefragt, warum sie ausgerechnet mich gefragt hat.“ Drei Jahre ist das her. Für Nobbe, der als Teamer in der Jugendarbeit aktiv war, war die Zusage ein mutiger Schritt. Denn bis dahin hatte der damals kaum 18-Jährige noch nie einen Gottesdienst geleitet.

Einen Tag vor Weihnachten habe er sich hingesetzt und die von der Pastorin ausgearbeitete Predigt auswendig gelernt, erzählt Nob­be rückblickend. „Das war ein enormer Vertrauensbeweis von ihr.“ Und es sei ein Wendepunkt in seinem Leben gewesen. Der Gottesdienst sei gut angekommen. „Alle haben mich gelobt und gesagt, dass ich es sehr gut gemacht habe. Viele haben sich auch gefreut, dass ein junges Gemeindemitglied den Gottesdienst geleitet hat“, erinnert sich der Gymnasiast.

Mit so viel Rückenwind musste Nobbe auch nicht lange bei der Frage eines anderen Celler Pastors zögern. Der habe ihn Monate später gefragt, ob er an einem Lektorenkursus teilnehmen wolle, der sich erstmals speziell an junge, in der Gemeinde engagierte Menschen ab 16 Jahren richtete. „Diesmal habe ich erst gefragt, was ein Lektor machen muss, und dann zugesagt.“

Lektoren: Nicht nur Vorleser, sondern Übersetzer

Lektoren sind ehrenamtliche Prediger, sie tragen eine von Theologen ausgearbeitete sogenannte Lesepredigt vor. Außerdem leiten sie die Gottesdienste, sie wählen Lieder aus, sprechen Gebete und den Segen.

Das Wissen für dieses Ehrenamt hat Nobbe an fünf Wochenenden und insgesamt 100 Stunden erlangt. Im Mittelpunkt habe die Frage gestanden, wie er sich die ausgearbeiteten Predigten und Texte aneigne. „Wir dürfen alles so überarbeiten, dass es für uns und die Gemeinde passt, solange es im Einklang mit dem Autor bleibt“, erklärt Nobbe die Herausforderung. Dabei dürfe er streichen, was er für unverständlich halte, und eigene Erlebnisse und Gedanken ergänzen, die nach seiner Meinung besser passen. „Ich bin nicht nur einfach der Vorleser. Theoretisch könnte ich alles umschreiben“, beschreibt Nobbe seine große Verantwortung als Lektor.

Mittlerweile hat er zwei Gottesdienste hinter sich. Ihm liege an zeitgemäßer Sprache, betont Nobbe, der Ende Oktober offiziell in seinen Dienst eingeführt wurde. Denn er wolle gezielt junge Menschen ansprechen. Vielleicht werde er diese Aufgabe sogar zu seinem Beruf machen und selbst Pastor oder Diakon werden.