CDU-Politikerin Monika Grütters sorgt sich um Debattenkultur

Ziel des Streitens müsse immer Verständigung sein, mahnt die frühere Kulturstaatsministerin. Alles andere sei brandgefährlich für die Demokratie. Kritisch sieht sie eine falsch verstandene Political Correctness.

Die ehemalige Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hat die Debattenkultur in Deutschland kritisiert. In Kontroversen gäben “sprachliche Verrohung einerseits und moralisierende Stigmatisierung durch eine falsch verstandene Political Correctness – oder, wie man heute sagt: wokeness – andererseits den Ton an”, sagte sie am Donnerstagabend in Dresden. “Nicht Verständigung ist dabei das Ziel, sondern das Verstummen Andersdenkender. Das ist brandgefährlich.” Denn Demokratie sei ebenso auf Verständigung angewiesen wie sie der Freiheit des Wortes verpflichtet sei.

Grütters führte aus: “Eine Gesellschaft, die das zivilisierte Streiten verlernt, verliert ihre Fähigkeit, Konflikte auszutragen und Kompromisse zu erzielen, und damit ihre demokratische Kernkompetenz.” Die Lautstärke der Extreme links und rechts im Meinungsspektrum schwelle an und “die ausgedünnte, gemäßigte Mitte verstummt, intellektuell wie gelähmt und sprachlich eingehegt”. Eine Ursache sieht Grütters darin, dass “das Bemühen um Political Correctness, die Wokeness als Benimm-Regel” inzwischen “bisweilen hysterische Züge” annehme und viele Gemäßigte lieber schwiegen, als sich auf “sprachpolitisch vermintem Gelände zu bewegen”.

Weiter sagte sie: “Fanatismus herrscht nicht nur dort, wo Sprache verroht. Fanatismus herrscht auch dort, wo man den Sichtweisen, den Ängsten und Sorgen anderer die Legitimation abspricht. Am Fanatismus von rechts und links krankt unsere Debattenkultur.” Grütters betonte: “Nur in einem Klima geistiger Freiheit und Offenheit gedeihen die Selbstheilungskräfte der Demokratie gegen das Gift rechtspopulistischer Sprache und Erzählungen”.

Sie räumte ein, dass die im Grundgesetz verankerte Presse-, Meinungs- und Kunstfreiheit auch Menschen ermögliche, andere zu verletzen. Dennoch mahnte sie: “Wir müssen die Spannungen aushalten zwischen der Freiheit der Meinung und Verunglimpfung, zwischen der Freiheit der Presse und Verleumdung, zwischen der Freiheit der Kunst und verletzten Gefühlen.” Umso wichtiger aber sei es, “Barmherzigkeit und ganz generell die christlichen Werte wie Nächstenliebe und Toleranz als Begleiterin dieser demokratischer Freiheiten zu fördern”.

Sie sei überzeugt, dass hierfür auch die Vermittlungsarbeit der Katholischen Akademien einen wichtigen Beitrag für die politische Kultur, das Zusammenleben und damit für eine starke Demokratie leisten können, so Grütters.

Sie äußerte sich in einem Festvortrag zur Amtseinführung der neuen Direktorin der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen, Ulrike Irrgang. Die Theologin und Pädagogin ist bereits seit 1. Juni als kommissarische Leiterin im Amt.