Carstens: Gewaltpräventionsambulanzen sind wertvoller Baustein

Justizstaatssekretär Otto Carstens (CDU) hat sich am Mittwoch in Kiel über das Konzept der neuen Gewaltpräventionsambulanzen in Schleswig-Holstein informiert. Der Messerangriff von Brokstedt habe gezeigt, dass es vielfältige Anstrengungen brauche, um das Risiko zu verringern, dass solche Taten passieren, sagte Carstens laut Mitteilung des Justizministeriums. „Eine Garantie, sie zu verhindern, kann es nicht geben. Aber jeder Baustein, der dabei hilft, damit Gewalt gar nicht erst entsteht, ist äußerst wertvoll“, sagte Carstens. Nach der Messerattacke von Brokstedt hatten CDU und Grüne in ihrem Zehn-Punkte-Papier die Einführung einer Gewaltpräventionsambulanz angeregt.

Träger der Gewaltpräventionsambulanzen sind die Vereine Pro Familia in Flensburg und Lübeck, Wendepunkt in Elmshorn sowie das Zentrum für Integrative Psychiatrie (ZIP) in Kiel. Die Ambulanzen soll es im Institut für Sexualmedizin, Forensische Psychiatrie und Psychotherapie (ISFP) am ZIP des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (Campus Kiel) geben. ISFP-Direktor Christian Huchzermeier sagte: „Das neu aufzubauende Angebot will gerade die potenziell gewaltbereiten Personen erreichen, für die es bisher keine ausreichenden Versorgungskonzepte gibt. Dafür sollen Möglichkeiten der Hilfen geschaffen werden, die die Betroffenen in ihrem Lebensumfeld aufsuchen und auch die Arbeit anderer psychosozialer Dienste unterstützen.“

Damit könnten Brücken zu Betroffenen gebaut und noch besser als bisher bedarfsorientierte Hilfen angeboten werden, hieß es. Diese könnten flexibel gestaltet werden und von wiederkehrenden Gesprächsterminen über Unterstützung bei lebenspraktischen Angelegenheiten bis zur Vermittlung ins bestehende Hilfesystem reichen. Die Gewaltpräventionsambulanzen übernähmen so eine Art Lotsenfunktion. Ziel sei es, gerade auch Personen mit problematischen Verhaltensweisen langfristig zu begleiten und durch koordinierte Hilfsangebote dissozialen Entwicklungen entgegenzuwirken.

Angebunden ist das neue Angebot laut Justizministerium an die bereits bestehenden forensischen Ambulanzen in Schleswig-Holstein, die Beratung und therapeutische Unterstützung für Menschen anbieten, die Sexual- oder Gewaltstraftaten begangen haben. Unterstützt werden die Träger der Gewaltpräventionsambulanzen den Angaben zufolge durch den Verein Krisendienst aus Schleswig. Dieser betreibe ein Krisentelefon, das in den Abendstunden, nachts und an Wochenenden konkrete telefonische Unterstützung in persönlichen Notlagen biete.

Neben Angeboten für Menschen, die straffällig geworden sind oder die straffällig zu werden drohen, engagiert sich das Justizministerium nach eigenen Angaben im Opferschutz: Mit der „Zentralen Anlaufstelle für Opfer von Straftaten und deren Angehörige“ sowie der Benennung der Opferschutzbeauftragten seien Strukturen geschaffen worden, die den Opferschutz maßgeblich unterstützen, hieß es.

Am 25. Januar hatte der mutmaßliche Täter Ibrahim A. im Zug von Kiel nach Hamburg eine 17-Jährige und ihren 19-jährigen Bekannten aus Neumünster getötet und sieben weitere Menschen verletzt. Kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof von Brokstedt (Kreis Steinburg) hatte der 33-Jährige Polizeiangaben zufolge die Zugreisenden mit einem Messer attackiert. Der Gerichtsprozess ist noch nicht abgeschlossen.