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Caritas: Aushungern der Bevölkerung ist ein Kriegsverbrechen

“Wer heute wegschaut, zahlt morgen den doppelten Preis”, sagt die Caritas-Chefin. Doch leider gilt derzeit: Während die Not dramatisch wächst, sinken die Hilfen dramatisch.

Caritas international sieht im Vorgehen Israels im Gazastreifen eine massive Verletzung des humanitären Völkerrechts. “Aushungern der Bevölkerung ist ein Kriegsverbrechen”, sagte der Leiter von Caritas international und Vorstand für Internationales, Migration und Katastrophenhilfe, Oliver Müller, (Dienstag) in Freiburg.

An den von Israel kontrollierten Verteilstellen gelte das Recht des Stärkeren, so Müller. Der Zugang sei so gerade für jene erschwert, die sie am dringendsten brauchen, etwa Alte, Kranke und Kinder. Hilfe werde ein politisches Instrument im Krieg; das sei nicht hinzunehmen, betonte der Leiter von Caritas international. Er forderte eine Öffnung der Grenzen sowie eine Verteilung nach humanitären Kriterien.

Eine Erosion des Völkerrechts beobachtet Caritas international nicht nur in Gaza, sondern auch in der Ukraine oder im Sudan. Für die Ukraine nannte Müller psychologische Hilfen als eine zentrale Aufgabe der Caritas. “Wir müssen die Traumatisierungen überwinden, sonst wird dieser Krieg noch Jahrzehnte in den Köpfen und in der Gesellschaft nachwirken”, warnte er.

So verstummten etwa Kinder, wenn sie ihren aus dem Krieg heimkehrenden Vater nicht mehr kennten. Familien seien zermürbt, traumatisiert und zerbrächen. Der ukrainische Staat sei am Limit. Die Caritas sei aber dort nah dran und gut vernetzt. Der Rückzug von USAID treffe auch die Ukraine hart, betonte Müller; und es sei nicht nur das Minus von 2,5 Millionen Euro, sondern auch die mentale Enttäuschung, dass die USA der Ukraine den Rücken kehre.

“Während die Not dramatisch wächst, sinken die Hilfen dramatisch”, sagte der Leiter von Caritas international; weltweit um 60 Milliarden Dollar, also um ein Drittel insgesamt. Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, betonte mit Blick auf politische Krisen und den Klimawandel: “Wer heute wegschaut, zahlt morgen den doppelten Preis.”

Die Caritas-Chefin weiter: “Caritas öffnet Türen – das ist ein Versprechen”, wo sich in Politik und Gesellschaft Türen schlössen; “und wir rütteln an Türen” angesichts von bewaffneten Konflikten und humanitäre Krisen. Müller und Welskop-Deffaa äußerten sich bei der Vorstellung der Jahresbilanz des Hilfswerks Caritas international in Freiburg.