Bundestag verabschiedet Krankenhausreform

Die Krankenhausreform war von Anfang an ein Zankapfel. Und ist es geblieben. Heute hat der Bundestag sie abschließend beraten und verabschiedet. Nun könnten die Länder das Großprojekt noch ausbremsen.

“Die finanzielle Lage der deutschen Kliniken ist so ernst wie noch nie.” Die Deutsche Krankenhausgesellschaft schlägt seit Monaten Alarm. Doch die nun vom Bundestag verabschiedete Reform geht aus Sicht des Verbands und vieler Kritiker in die falsche Richtung und muss dringend nachgebessert werden. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) gibt einen Überblick.

Bislang gibt es in Deutschland rund 1.900 Krankenhäuser – nach internationalen Vergleichswerten viel zu viele. Zugleich bestehen in einigen, insbesondere ländlichen Regionen Versorgungslücken, während in großen Städten ein Überangebot besteht. Es fehlt an Personal, Betten stehen leer und die Kosten steigen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft erwartet im laufenden Jahr ein Defizit der Kliniken von sechs Milliarden Euro. Das deutsche Gesundheitssystem ist sehr teuer, doch qualitativ nur Mittelmaß, etwa bei Krebsbehandlungen.

Das bestehende Vergütungssystem in Krankenhäusern mit festen Fallpauschalen pro Eingriff begünstigt Kliniken, die viele teure Behandlungen durchführen, die medizinisch möglicherweise nicht nötig sind. So gibt es in Deutschland weit mehr Knie- und Hüftoperationen als in anderen Ländern. Andererseits führt das Vergütungssystem dazu, dass sich Bereiche wie Geburtsstationen, Kinder- und Jugendmedizin wegen geringer Fallzahlen und hoher Vorhaltekosten nicht tragen.

Kernstück der Krankenhausreform ist ein neues Vergütungssystem. Es soll die Kliniken von ihrem ökonomischen Druck befreien. Dazu sollen Fallpauschalen nur noch 40 Prozent der Vergütung ausmachen. Die restlichen 60 Prozent sollen Kliniken für das Vorhalten von Leistungen bekommen. Dazu zählen das Vorhalten von Personal, einer Notaufnahme oder notwendiger Medizintechnik. Kritiker sagen jedoch, dass allein das Beibehalten der Fallpauschalen weiter Fehlanreize setzt.

Nein. Ein wesentliches Ziel ist es, die Behandlungsqualität zu verbessern, indem nicht mehr jede Klinik alles machen darf. Krankenhäuser müssen für die von ihnen angebotenen Behandlungen das notwendige Personal, eine angemessene medizinische Erfahrung und die entsprechende Technik vorweisen. Dazu werden ihnen bundesweit einheitliche Leistungsgruppen zugewiesen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verweist immer wieder darauf, dass die Überlebenschancen bei Krebs oder Herzinfarkt stark steigen, wenn spezialisierte Häuser die Behandlung durchführen. Das dürfte die Zahl der Kliniken verringern und für mehr große Kliniken sorgen. Zugleich soll für Stationen für Kindermedizin, Geburtshilfe, Schlaganfall und Intensivmedizin mehr Geld zur Verfügung gestellt werden. Auch Unikliniken sollen mehr Geld bekommen.

Kritiker werfen dem Bundesgesundheitsministerium vor, die Krankenhausplanung an sich zu ziehen und zu zentralisieren, obwohl dafür die Bundesländer zuständig sind. Und das ohne die Länder, Krankenhäuser oder andere Verbände bei der Ausgestaltung der Reform wirklich beteiligt zu haben. Mehrere Länder haben mit einer Klage gedroht; sie wollen Lauterbach zwingen, die Reform nur mit Zustimmung des Bundesrats zu verabschieden. Wenigstens der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat wird sich wohl erneut mit dem Entwurf befassen.

Hierfür soll es laut Lauterbach eine sogenannte Auswirkungsanalyse geben. Doch diese, beziehungsweise die nötigen Daten hierfür, liegen den Ländern nach Aussage des nordrhein-westfälischen Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) nicht vor. Auch die Opposition im Bundestag beklagt, dass bislang völlig unklar ist, was die Reform an Ende finanziell bedeutet. Auch beklagen Kritiker, dass die teure Krankenhausreform nicht mit anderen Reformvorhaben, wie etwa der Reform der Notfallversorgung, zusammengedacht werde.

Hier besteht die Sorge, dass zahlreiche kleinere Krankenhäuser geschlossen werden. Dadurch könnten sich die Gesundheitsversorgung und die Hilfe im Notfall verschlechtern; die Menschen müssten weitere Wege in Kauf nehmen. Allerdings sieht die Reform vor, dass bedarfsnotwendige Krankenhäuser auf dem Land für die medizinische Grundversorgung erhalten bleiben. Dazu sollen sie jährliche Förderbeträge erhalten. Bestehende Kliniken können demnach auch in “sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen” umgewidmet werden. Dort sollen wohnortnah keine komplizierten Eingriffe mehr gemacht werden, sondern unter anderem Pflege und kleinere Operationen.

Für die Reform soll es einen Transformationsfonds mit einem auf zehn Jahre berechneten Gesamtvolumen von 50 Milliarden Euro geben. Er soll je zur Hälfte von Bund und Ländern finanziert werden. Der Bund will seinen Anteil jedoch – trotz knapper Kassen – aus dem Gesundheitsfonds der Krankenkassen finanzieren – inklusive Beteiligung der privaten Kassen. Sowohl die gesetzlichen als auch die privaten Kassen halten dieses Finanzierungsmodell für verfassungswidrig, sie könnten klagen. Auch der Bundesrechnungshof hat Einwände. Die Organisation der Gesundheitsversorgung sei staatliche Pflichtaufgabe und Sache der Steuerzahler, nicht der Beitragszahler.