Bundesbankpräsident Joachim Nagel hat an die Bürgerinnen und Bürger appelliert, die Gefahren des Rechtsextremismus nicht zu unterschätzen. „Mich persönlich sorgt das als Bürger dieses Landes sehr“, sagte Nagel den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Samstag). Er habe deshalb kürzlich in Frankfurt zum ersten Mal in seinem Leben an einer Kundgebung für die Demokratie teilgenommen. Mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands schreckten Rechtsextremisten zudem Investoren und Fachkräfte aus dem Ausland ab. „Das bedroht unseren Wohlstand.“
„Es geht mir nicht um Parteien. Wenn allerdings von einem Austritt Deutschlands aus der Währungsunion oder der EU fabuliert wird, dann kann ich nur warnen“, sagte Nagel zu entsprechenden Forderungen von AfD-Politikerinnen und -Politikern. „Ein Austritt wäre für uns alle eine wirtschaftliche Katastrophe.“ Die Europäische Union und die Währungsunion seien Grundpfeiler des deutschen Wohlstands.
Zugleich ermahnte Nagel die Unternehmerverbände, die wirtschaftliche Lage nicht schlechtzureden. Er wolle die enormen Herausforderungen, mit denen Deutschland infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine zu kämpfen habe, nicht kleinreden. „Aber wir sollten die Lage nicht schlechter reden, als sie in Wirklichkeit ist“, sagt der Finanzexperte. Deutschland sei nicht „der kranke Mann Europas“. So sollte nicht vergessen, dass der Arbeitsmarkt stabil geblieben sei, erinnerte Nagel. „Deutschland hat fast Vollbeschäftigung.“
Luft nach oben sieht der Bundesbankpräsident allerdings noch bei Steuersenkungen und Bürokratieabbau. „Gerade das Wachstumschancengesetz enthält geringere Steuerentlastungen als ursprünglich geplant“, sagte er. Auch bei der Energiepolitik muss seiner Ansicht nach nachjustiert werden. „Die Menschen und die Unternehmen benötigen mehr Klarheit, wie die Energiewende und die damit verbundenen Herausforderungen bewältigt werden“, forderte Nagel. Großen Nachholbedarf gebe es etwa beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Stromnetze.