Bündnisse wollen Abtreibungsfrage aus Strafrecht streichen
Verschiedene Bündnisse machen Druck bei der Liberalisierung der Abtreibungsfrage. Politisch ist ungewiss, ob es zu einer entsprechenden Initiative kommen wird.
Ein bundesweites Bündnis feministischer und gesundheitspolitischer Initiativen will sich dafür einsetzen, dass die Abtreibungsfrage nicht länger im Strafrecht geregelt wird. Es startete am Montag eine entsprechende Kampagne mit dem Titel “Abtreibung legalisieren – jetzt!”. Geplant sind demnach eine zwölfwöchige Kampagne mit bundesweiten Aktionswochen sowie zwei Demonstrationen am 7. Dezember in Berlin und Karlsruhe. Zugleich rief das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung zur Unterzeichnung einer Petition auf, die sich ebenfalls für eine gesetzliche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs einsetzt.
Nach derzeit geltendem Recht ist ein Schwangerschaftsabbruch rechtswidrig, er bleibt aber bis zur zwölften Schwangerschaftswoche straffrei, wenn vor dem Eingriff eine Beratung stattgefunden hat und ein Beratungsschein ausgestellt wurde. Zwischen Beratung und Eingriff müssen mindestens drei Tage vergehen.
Gesetzesinitiative im Bundestag bleibt ungewiss
Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission hatte im April eine Liberalisierung der Abtreibungsgesetzgebung empfohlen. Danach setzt sich das Gremium für eine legale Abtreibung bis zur zwölften Woche ein. An den Empfehlungen hatte es unter anderem Kritik vom Präsidenten der Bundesärztekammer, Klaus Reinhard, gegeben. Ob es in dieser Legislaturperiode zu einer entsprechenden Gesetzesinitiative im Bundestag kommt, ist ungewiss. Teile der FDP sowie Union und AfD sind für die Beibehaltung der derzeit geltenden Regelungen. Auch die katholische Kirche setzt sich dafür ein.
Das Bündnis erklärte weiter, es trete für die Abschaffung einer Pflichtberatung ein. Ungewollt schwangere Frauen sollten stattdessen die Möglichkeit haben, sich freiwillig beraten zu lassen. Zudem solle der Abbruch selbst eine Kassenleistung sein und bezahlt werden. Die derzeitige Regelung sieht vor, dass Frauen die Kosten für eine Abtreibung in der Regel selbst tragen. Sie liegen auch für unter 18-Jährige in Deutschland zwischen 350 und 700 Euro. Bei Frauen mit geringem Einkommen gibt es die Möglichkeit, einen Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse einzureichen.
Juristinnenbund für erweiterte Frist
Der Juristinnenbund, der sich an dem Bündnis beteiligt, spricht sich zudem dafür aus, dass eine Abtreibung auch über die zwölfte Woche hinaus möglich sein solle. Er plädiert für eine Frist bis zur 22. Woche. Frauen hätten reproduktive Rechte, sie könnten selbst entscheiden, wann und wie sie Kinder bekommen wollten und wann nicht, betonte der Bund. Derzeit schütze das Strafrecht weder das ungeborene Leben noch helfe es den schwangeren Frauen.
— Abtreibung legalisieren – jetzt! (@AbtreibungLegal) August 30, 2024
Auch das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung will eine Streichung des Paragrafen aus dem Strafgesetzbuch erreichen. In der Petition “Legal, einfach, fair: Für eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs!” tritt es ebenfalls für eine Abschaffung der Beratungspflicht ein. Für medizinische Fachberufe solle es verpflichtende Aus-, Fort- und Weiterbildungen geben. Die Petenten richten ihre Forderungen an Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne).
Breites Bündnis für die sexuellen Selbstbestimmung
Die aktuelle Regelung im Strafgesetzbuch führe dazu, dass es keine flächendeckende medizinische Versorgung gebe und Ärzte und Ärztinnen sowie Beratende der Schwangerschaftskonfliktberatung regelmäßig bedroht würden, heißt es weiter. In Berlin und Köln plant das Bündnis am 21. September Proteste gegen den “Marsch für das Leben”, der von christlich motivierten Abtreibungsgegnern organisiert wird.
Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung ist laut eigenen Angaben ein breites Bündnis aus Beratungsstellen, verschiedenen feministischen und allgemeinpolitischen Gruppen, Verbänden, Gewerkschaften und Parteien sowie Einzelpersonen.