Buddenbrookhaus: Lübeck ringt um das Erbe von Thomas Mann

Das Buddenbrookhaus in Lübeck feiert am 6. Mai seinen 30. Geburtstag. Die Feierlaune im Norden ist aber gedämpft. Der lange geplante Neubau des Museums steht auf der Kippe – wegen eines Kellers.

Literarisches Vorbild für den Roman „Buddenbrooks“ von Thomas Mann: das Buddenbrookshaus in Lübeck
Literarisches Vorbild für den Roman „Buddenbrooks“ von Thomas Mann: das Buddenbrookshaus in LübeckImago / Schöning

Feste muss man feiern, wie sie fallen. Sonst hätten die Lübecker Museen den 30. Geburtstag des Buddenbrookhauses am 6. Mai 2023 vermutlich auf unbestimmte Zeit verschoben. Denn statt Feierlaune herrscht bei Museumsleitung und Stadtverwaltung Katerstimmung. Der rund 33 Millionen Euro teure Neubau des Buddenbrookhauses steht nach jahrelanger Planung seit Kurzem auf der Kippe.

Das Haus war im 19. Jahrhundert im Besitz der Schriftstellerfamilie Mann und war das literarische Vorbild für den 1901 erschienenen Roman „Buddenbrooks“ von Thomas Mann.

Grund für die Probleme ist ein Streit um einen denkmalgeschützten Gewölbekeller, der im Zuge der Baumaßnahmen zu einem kleinen Teil abgerissen werden sollte. Dagegen legte die Lübecker Bürgerschaft Ende Februar ihr Veto ein. Der Keller soll komplett erhalten bleiben.

Haus-Leiterin reagiert bestürzt

Das bedeutet nach Angaben der Stadt Lübeck jedoch eine Umplanung des gesamten Projekts. Die Kosten könnten sich um bis zu 5 Millionen Euro erhöhen, der Bau würde sich um ein bis zwei Jahre verzögern und es sei unklar, ob der Förderbescheid des Landes über knapp 20 Millionen Euro für eine Planungsänderung noch gelten würde, heißt es in einer Verwaltungsvorlage der Stadt Lübeck, die die Bürgerschaft am 30. März ablehnte.

„Die Planungen zu diesem Museum laufen seit Jahren und wurden seit 2014 mit großer Umsicht und unter Beteiligung aller Behörden vorangebracht“, sagte die Leiterin des Buddenbrookhauses, Birte Lipinski, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dass das Projekt nun, nachdem die Fördermittel eingeworben sind und der Bauantrag erteilt wurde, noch einmal so grundlegend verändert werden soll, habe sie „bestürzt“.

Tatsächlich ist der Umbau des Hauses in der Mengstraße 4, in dem die Familie Mann wohnte, schon seit vielen Jahren in Planung. Das Museum hatte 2011 das Nachbarhaus in der Mengstraße 6 gekauft, in dem auch der besagte Gewölbekeller aus dem 13. Jahrhundert liegt.

Im März 2018 hatten die Lübecker Museen ihre Pläne öffentlich gemacht: Aus beiden Häusern zusammen soll ein modernes, interaktives Museum von internationaler Strahlkraft entstehen, ausgerichtet auf bis zu 80.000 Besucher jährlich. Der Architekten-Entwurf sieht vor, dass hinter der Barockfassade des Buddenbrookhauses und der gotisch anmutenden Fassade des angrenzenden Hauses im Herzen der Lübecker Innenstadt ein nahezu kompletter Neubau entsteht.

Der Plan sei, dass beide Häuser im Inneren miteinander zu einer Ausstellungsfläche von 2.500 Quadratmetern verschmelzen. Teile des ursprünglichen Buddenbrookhauses sollen rekonstruiert werden. Der Gewölbekeller im Nachbargebäude sollte saniert und für eine aus Feuerschutzgründen benötigte Treppe zu sieben Prozent abgerissen werden.

Ende 2019 wurde das Buddenbrookhaus für den Umbau geschlossen. Seit 2020 liefen Lipinskis Angaben zufolge denkmalpflegerische Untersuchungen in beiden Gebäuden. In diesem Frühjahr sollte es mit ersten konkreten Baumaßnahmen losgehen. Eine Eröffnung des neuen Museums war für 2027 geplant. Der Termin ist nun wohl kaum zu halten.

Suche nach Alternativen läuft

Als Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) im Februar den Förderbescheid nach Lübeck brachte, wurde er vor dem Buddenbrookhaus von mehr als 100 Protestierenden empfangen, die sich gegen den Teilabriss aussprachen. Wenige Tage später entschied sich die Bürgerschaft endgültig dagegen.

Die Stadt Lübeck bemüht sich nun um Schadensbegrenzung. Sie will einer Sprecherin zufolge die Kosten für eine Variantenplanung zusammenstellen. Es bestehe die Möglichkeit, die in dem Gewölbekeller geplante Treppe hinter das Buddenbrookhaus oder hinter das Nachbarhaus zu verlegen. In dem einen Fall müssten aber Genehmigungen der Anlieger vorliegen. Im anderen Fall wäre der planerische Aufwand aufgrund von Rettungszufahrten sehr hoch.

„Es wird nicht leicht werden, eine Lösung zu finden, die das Projekt nicht durch zu hohe Kosten oder Zeitverzögerungen in Gefahr bringt“, sagte Lipinski. Dabei sei das Buddenbrookhaus die weltweit einzige Gedenkstätte für die international wohl berühmteste deutsche Schriftstellerfamilie. Thomas Mann sei ein „lübscher Exportschlager“, kaum ein deutscher Autor sei weltweit so bekannt wie er. „Ein Lübeck ohne Buddenbrookhaus ist doch wie ein Lübeck ohne Marzipan.“