„Bruch des Koalitionsvertrages“ – Seenotretter mit scharfer Kritik an Verkehrsministerium

Sea-Eye, Sea-Watch und weitere Seenotretter schlagen in einer gemeinsamen Erklärung Alarm. Neue Vorgaben des Verkehrsministerium könnten das Aus für ihre Arbeit bedeuten. Ist das die wahre Intention?

Die Seenotretter prognostizieren eine dramatische Einschränkung ihrer lebensrettenden Arbeit
Die Seenotretter prognostizieren eine dramatische Einschränkung ihrer lebensrettenden ArbeitImago / Rene Traut

Pläne des Bundesverkehrsministeriums zu neuen Vorgaben für die Schifffahrt bedeuten nach Einschätzung deutscher Seenotrettungsorganisationen das Aus oder zumindest eine dramatische Einschränkung ihrer Arbeit. Menschen auf der Flucht würden die geplanten Rechtsänderungen mit dem Leben bezahlen, protestierte ein Zusammenschluss von Organisationen gegen das Vorhaben, über das das ARD-Magazin „Monitor“ am Dienstagabend berichtet hatte.

„Sollte der aktuelle Entwurf der Schiffssicherheitsverordnung in Kraft treten, sehen wir uns mit einer massiven Erhöhung finanzieller Anforderungen durch unnötige Anpassungen und einer aktiven Behinderung unserer Arbeit konfrontiert, die letztendlich unsere Einsätze mit diesen Schiffen unmöglich macht“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung von Sea-Eye, Sea-Watch, Resqship, Mission Lifeline, MareGo und Sarah Seenotrettung vom Dienstagabend. Solche Änderungen seien ein klarer Bruch des Koalitionsvertrags, nach dem zivile Seenotrettung nicht behindert werden dürfe. Eine staatlich organisierte Seenotrettung im Mittelmeer gibt es nicht.

Aktive Behinderung von Seenotrettung

Der Entwurf des Ministeriums sieht den Rettungsorganisationen zufolge unter anderem vor, dass auch kleinere Schiffe und Boote ein Schiffssicherheitszeugnis vorlegen müssten – eine pauschale Anforderung, die der kommerziellen Schifffahrt entspreche. Auch sollen Boote mit humanitären Aktivitäten oder vergleichbaren ideellen Zwecken nicht mehr zum Freizeitbereich gehören. Damit würden neue Anforderungen an Bau und Ausrüstung gestellt, der Fahrtbereich könne eingeschränkt, Auflagen könnten erteilt werden. Das mache „letztendlich unsere Einsätze mit diesen Schiffen unmöglich“ und sei eine „aktive Behinderung“ der Arbeit, betonen die Organisationen.

Das Bundesverkehrsministerium erklärte dazu: „Die anstehende Änderung der Schiffssicherheitsverordnung zielt nicht auf die Behinderung von privater Seenotrettung im Mittelmeer ab – im Gegenteil.“ Damit solle die Arbeit abgesichert, mögliche Sicherheitsmängel bei den eingesetzten Schiffen sollten verhindert werden. Aktuell drohten auch keine direkten Konsequenzen, da sich der Abstimmungsprozess noch im Frühstadium befinde und eine Übergangszeit vorgesehen sei.

Kein einziger Unfall

Die Rettungsorganisationen widersprechen dieser Argumentation. Die Änderungen seien zur Erhöhung der Sicherheit weder geeignet noch erforderlich, betonen sie in ihrer Erklärung. Die Regelungen für Frachtschiffe seien nicht auf die Einsatzzwecke ziviler Rettung zugeschnitten. Diese seien hingegen ihrem Einsatz entsprechend auf hohen Niveau ausgestattet. Bisher habe es auch noch keinen einzigen Unfall gegeben, bei dem ein Crewmitglied oder eine gerettete Person wegen Sicherheitsmängeln in Gefahr geraten sei.