Britischer Gesetzentwurf zu Suizidbeihilfe stößt auf Kritik
Nach wochenlanger Debatte hat das Unterhaus in London für ein neues Gesetz zur Regelung des assistierten Suizids gestimmt. In Kraft treten kann es allerdings noch nicht. Kritik an dem Vorhaben kommt auch aus Deutschland.
Die Abgeordneten des britischen Unterhauses haben für eine Liberalisierung der Sterbehilfe votiert. Der Gesetzentwurf der Labour-Abgeordneten Kim Leadbeater sieht vor, dass unheilbar Kranke in England und Wales unter strengen Bedingungen in den Suizid begleitet werden dürfen. Bisher gilt Suizidbeihilfe als Straftat, die mit bis zu 14 Jahren Haft geahndet werden kann.
Mit der erfolgreichen Abstimmung ist jedoch nur eine von mehreren Hürde im parlamentarischen Verfahren genommen. Bis zu einem Inkrafttreten des neuen Gesetzes sind weitere Beratungen notwendig, bei denen Änderungsanträge eingebracht werden können. Auch das Oberhaus muss zustimmen.
Die Debatte über den Entwurf hatte in den vergangenen Wochen die Schlagzeilen in Großbritannien beherrscht. Sowohl die Labour-Regierung als auch die konservative Opposition hoben den Fraktionszwang auf, was das Resultat der Unterhaus-Abstimmung schwer vorhersehbar machte.
Laut der nun mit 330 zu 275 Stimmen befürworteten Regelung würde der assistierte Suizid nur für erwachsene Todkranke legalisiert, deren Lebenserwartung weniger als sechs Monate beträgt. Erforderlich ist zudem eine Genehmigung durch zwei Ärzte und einen Richter.
Kritik an dem Vorhaben kam nicht zuletzt aus den Reihen der Kirche. Justin Welby, Erzbischof von Canterbury und geistliches Oberhaupt der anglikanischen Church of England, warnte vor den Folgen einer Legalisierung. So könnten sich alte Menschen zum Suizid gedrängt fühlen, weil sie Angehörigen nicht zur Last fallen wollten. Überdies drohe eine Ausweitung des Gesetzes auf Personen ohne unheilbare Erkrankung.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz äußerte sich ebenfalls besorgt. Zwar müsse das Gesetz noch eine weitere parlamentarische Hürde nehmen, sagte Vorstand Eugen Brysch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Doch es zeichne sich ab, dass in Großbritannien jeder Bürger künftig einen Rechtsanspruch auf Suizidbeihilfe bekommen werde. Auch Ärzte, die sich nicht beteiligen wollten, würden indirekt verpflichtet, entsprechende Tötungsangebote zu vermitteln. “Aus dem Musterland für Palliative Care und Hospizarbeit ist mittlerweile eine Entwicklungsland geworden”, so Brysch. “Die gesetzlich finanzierten Angebote für Sterbebegleitung wurden in Großbritannien in den letzten Jahren totgespart.”
In Deutschland gibt es bislang keine gesetzliche Regelung der Suizidbeihilfe. 2023 scheiterten zwei entsprechende Entwürfe im Bundestag. Immer wieder wurden zuletzt Stimmen laut, die einen erneuten Anlauf forderten. Grundsätzlich verboten ist der Suizid in der Bundesrepublik nicht, ebenso wenig die Beihilfe. Die Detailfragen sind indes umstritten.