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Brandenburg: Kirche neu entdecken

In der Veranstaltungsreihe “Wenn Kirchen erzählen” entdecken Interessierte Kirchen im Kirchenkreis Zossen-Fläming neu – in Kerzendorf bei Ludwigsfelde teilen sie Erinnerungen und feiern Taufe.

Friedemann Düring übersetzt für die Besucherinnen und Besucher den Wortlaut eines Epitaphs
Friedemann Düring übersetzt für die Besucherinnen und Besucher den Wortlaut eines EpitaphsSusanne Atzenroth

Ein für die Region ­ungewöhnlicher Bau ist die Kerzendorfer Kirche: Innen ist die Kirche im Ortsteil von Ludwigsfelde mit viel Holz und einem imposanten ­Tonnengewölbe ausgestattet, außen ganz im neoromanischen Stil gehalten. Ende des 19. Jahrhunderts hatte ihr ein Vorgängerbau aus Feldstein weichen müssen. Das ­erfahren die Besucherinnen und Besucher der Kirche schon im ­Eingang auf großen Infotafeln.

An ­diesem Tag geht es aber nicht nur um Historisches und Architektur, sondern auch um die Geschichten, die die Menschen hier erlebt haben. Ins Gespräch kommen möchte Friedemann Düring im ­Rahmen der Veranstaltungsreihe „Wenn Kirchen erzählen“, die in den Sommermonaten in verschiedenen Dorfkirchen im Kirchenkreis Zossen-Fläming stattfindet. Der Pfarrer ist verantwortlich für den Bereich „Erwachsen glauben“ sowie die Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis.

Besucherinnen und Besucher erkunden Empore, Kanzel und Altar

„Was macht diese Kirche für Sie ­besonders? “, fragt er die Besucher. Er bittet sie, durch den Raum zu ­gehen und einen Ort zu finden, der sie anspricht – sei es durch Schönheit, Erinnerungen oder Fragen, die er aufwirft. Viele der Anwesenden, darunter auch Kinder und Jugendliche, sind in Kerzendorf getauft. Andere kommen aus Ludwigsfelde oder haben die Veranstaltungsreihe bereits in anderen Kirchen erlebt.

Sie nehmen sich Zeit, erkunden Empore, Kanzel und Altar, bleiben stehen, schauen. Bald teilen die ­Besucher ihre Eindrücke: Schnitzer­eien, Bogenfenster, kleine Details fallen ins Auge.

Dann kommen die Erinnerungen. Eine 92-Jährige erzählt, wie sie im Zweiten Weltkrieg mit dem Fahrrad aus dem Nachbarort zur Schule neben der Kirche fuhr. Ein anderer berichtet, wie ­seine Großmutter bedauerte, dass die Orgelpfeifen in der Nachkriegszeit verloren gingen. Einige erinnern sich an die Kirche vor der Renovierung in den 1960er Jahren, als der Rundbogen hinter dem Altar noch nicht die Winterkirche abtrennte.

Friedemann Düring greift die baugeschichtlichen Hinweise auf und schlägt den Bogen zur theo­logischen Bedeutung der Himmelsrichtungen und der zentralen Gegenstände im Gottesdienst. Heute steht der Taufstein im Mittelpunkt. Mit Blüten geschmückt, wartet er auf den Täufling, den die Eltern auf dem Arm tragen.

Gelungenes Experiment: Führung und Taufe

Die Kinder zählen die acht Ecken des Steins. „Die Acht steht für die Auferstehung“, erklärt Düring, bevor er an die Pfarrerin übergibt, die die kleine Leni taufen wird. Lenis große Schwester gießt vorsichtig Wasser in die Taufschale. Gemeinsam singen und beten die Taufgesellschaft und die Besucherinnen und Besucher. Später tauschen sie Erinnerungen aus. Eine Frau erzählt, wie sie einst mit den Füßen im Wasser des Jordan stand – ein bewegender Moment.

Für Pfarrerin Miriam Wojakowska ist es die erste Taufe in Kerzendorf. Seit 2020 betreut sie die beiden Orte Ludwigsfelde und Kerzendorf mit zusammen rund 1800 Gemeindegliedern. Die Verbindung von Kirchenführung und Taufe ­hatte sich aus Termingründen er­geben und ist nun ein gelungenes Experiment. Die Taufgesellschaft schätzt die lockere Atmosphäre und die Gespräche, die eine be­sondere Gemeinschaft entstehen lassen. Die Sprachfähigkeit in Glaubens- und Lebensfragen zu stärken – das ist auch Friedemann Dürings Ziel.

Vor einigen Jahren hörte er von der gleichnamigen Veranstaltungsreihe in der Uckermark und brachte das Konzept in den Kirchenkreis Zossen-Fläming. Insgesamt acht Veranstaltungen gibt es 2025. In Kerzendorf endet der Nachmittag an einer reich gedeckten Kaffee­tafel. Dort werden weitere Erinnerungen geteilt, und die Gespräche klingen in Gemeinschaft aus.

Weitere Termine:
6. Juli, 14 Uhr – Dorfkirche Schlenzer
18. Juli, 19 Uhr – Kirche Oderin
22. Juli, 14 Uhr – Dorfkirche Hohenseefeld
12. September, 19 Uhr – Dorfkirche Münchehofe
14. September, 14 Uhr – Dorfkirche Lindow