Vor 30 Jahren töteten vorwiegend serbische Truppen mindestens 8.000 muslimische Bosniaken. Dieses Massaker in Srebrenica spaltet die Menschen bis heute. Auch zwischen Christen gibt es einem Hilfswerk zufolge Dissens.
Aus der katholischen Kirche in Bosnien-Herzegowina kommt Kritik an ihrem orthodoxen Pendant für die Haltung zum Massaker von Srebrenica vor 30 Jahren. Der Prozess der Versöhnung und Vergebung werde behindert, sagte der Sprecher des Erzbistums Vrhbosna mit Sitz in der Hauptstadt Sarajewo, Drazen Kustura, dem päpstlichen Hilfswerk “Kirche in Not”. Dies teilte die Organisation am Donnerstag in München mit. Es gebe zwar Begegnungen zwischen Katholiken und Muslimen anlässlich der Gedenkfeiern, so Kustura. Aber es sei fast unmöglich, orthodoxe Christen in gemeinsame Aktivitäten einzubeziehen.
Kustura erklärte, die serbische Politik wie auch die serbisch-orthodoxe Kirche erkenne das Massaker in Srebrenica als schweres Verbrechen an, leugne aber den Völkermord. “Solange diese Haltung vorherrscht, sind gemeinsame Initiativen kaum zu erwarten.”
Im Juli 1995 wurden mindestens 8.000 muslimische Bosniaken von vorwiegend serbischen paramilitärischen Truppen ermordet. Die Opfer waren überwiegend Jugendliche und Männer zwischen 13 und 75 Jahren. Der Völkermord in Srebrenica gilt als größtes Massaker in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg.
Vergebung und Versöhnung seien möglich, ergänzte der Sprecher des Erzbistums. Dass die einst verfeindeten Parteien heute in relativem Frieden lebten und miteinander redeten, seien wichtige Zeichen. “Wir dürfen jedoch die Notwendigkeit von Gerechtigkeit nicht außer Acht lassen, das heißt, dass jeder Einzelne für die Verbrechen, die er begangen hat, zur Rechenschaft gezogen werden muss.”
Die katholische Kirche in Bosnien und Herzegowina setze auf den Dialog zwischen den drei wichtigsten Religionsgemeinschaften, hieß es weiter. Ein Beispiel sei das Projekt “Lass uns gemeinsam gehen” des Jugendpastoralzentrums “Johannes Paul II.” in Sarajewo, das Jugendliche zusammenbringe. Durch Bildungs-, Sport- und andere Aktivitäten sollen Spaltungen überwunden und junge Menschen zum Brückenbauen zwischen den Religionen und Volksgruppen ermutigt werden.