“Das hat sie nicht verdient”: Der Limburger Bischof Georg Bätzing nimmt die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf gegen Kritik in Schutz. Und er warnt vor einem Kulturkampf.
Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, verteidigt die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf. Sie habe es nicht verdient, “so beschädigt zu werden”, sagte Bätzing der “Augsburger Allgemeinen” (Freitag).
Auf die Frage, ob Vertreter der Kirche die Diskussion um die Wahl der Verfassungsrichterin angeheizt hätten, sagte der Bischof “In dieser gesamten Debatte ist viel schiefgelaufen.” Viele Personen, die mit der Richterwahl befasst sind, seien dadurch beschädigt worden. “Es ist kein Thema für einen Kulturkampf. Wir können diesen Kulturkampf nicht gebrauchen. Es gibt zu viele Profiteure davon.”
Bätzing betonte, die Wahl einer Verfassungsrichterin sei eine Personalfrage, die die Politik lösen müsse. “Ich möchte mich nicht zu der Kandidatin äußern, das ist Aufgabe der Politik”, sagte der Bischofskonferenz-Vorsitzende. Die Parteien müssten Kandidatinnen und Kandidaten finden und sie so präsentieren, dass sie auch gewählt werden könnten.
Brosius-Gersdorf war von der SPD als Richterin für das Bundesverfassungsgericht vorgeschlagen worden. Die für vergangenen Freitag geplante Wahl kam nicht zustande, nachdem bei CDU/CSU Vorbehalte gegen die Juristin laut wurden. Hintergrund ist unter anderem Brosius-Gersdorfs Haltung zur Menschenwürde von Embryonen.
Gegen die Vorwürfe setzte sich Brosius-Gersdorf zur Wehr. In der ZDF-Talkshow von Markus Lanz sagte die Juristin am Dienstagabend: “Ich bin nie eingetreten für eine Legalisierung oder Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs bis zur Geburt.” Falsch sei auch, “dass ich gesagt haben soll oder geschrieben haben soll, dass der Embryo kein Lebensrecht hat”.
Von ranghohen Vertretern der katholischen Kirche gab es vor der geplanten Wahl Kritik an Brosius-Gersdorf. Zuletzt legte der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl der Juristin einen Verzicht auf ihre Kandidatur nahe.
Bätzing führte nun aus, es gehe in der Debatte zum einen um das Selbstbestimmungsrecht für ungewollt schwangere Frauen und zum anderen um den Schutz ungeborenen Lebens. Die derzeitigen Regeln des Strafrechtsparagrafen 218, wonach ein Schwangerschaftsabbruch unter bestimmten Bedingungen straffrei ist, sei aus seiner Sicht eine “kluge Balance”, so der Limburger Bischof. Daran zu rütteln, halte er für einen Fehler: “Warum soll man den klaren Kompromiss, den es zur Abtreibungsfrage gibt, aufgeben und damit womöglich eine gesellschaftliche Spaltung riskieren?”