Bischof Meyns räumt Versagen im Umgang mit sexualisierter Gewalt ein

Anlässlich der Veröffentlichung der sogenannten ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt in evangelischer Kirche und Diakonie hat sich der Landesbischof der Landeskirche Braunschweig, Christoph Meyns, erschüttert gezeigt. „Wir haben in der Vergangenheit entsprechende Taten nicht hinreichend bearbeitet und Menschen vor Übergriffen nicht ausreichend geschützt“, sagte Meyns am Donnerstag in Braunschweig. Der Landesbischof betonte, die Studie sei „ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu einer professionellen Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt“.

Für die von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Auftrag gegebene Studie wurden Daten aus allen 20 Gliedkirchen der EKD ausgewertet. Von der Landeskirche Braunschweig wurden nach Angaben der Landeskirche rund 2.500 Personalakten von Pfarrerinnen und Pfarrern von 1939 bis 2021ausgewertet. Das Ergebnis seien 15 Fälle Verdachtsfälle, von denen sich sieben nicht bestätigt hätten.

Unter den verbliebenen acht Fälle seien unterschiedliche Arten sexueller Gewalt. „Kindesmissbrauch oder Pädophilie sind die absolute Ausnahme unter den bisher bekannt gewordenen Fällen“, sagte der Landesbischof. Nach Angaben der „ForuM-Studie“ lag das Durchschnittsalter der von sexualisierter Gewalt Betroffenen EKD-weit bei der ersten Tat bei etwa 11 Jahren.

Meyns kündigte die zeitnahe Durchsicht weiterer Akten, etwa der von Kirchenmusikern und Diakonen. Anders als die Unterlagen von Pfarrern lägen diese aber nicht zentral im Landeskirchenamt, sondern bei verschiedenen Stellen in der gesamten Region. Das erschwere die Aufarbeitung.

Die am Donnerstag vorgestellte „ForuM-Studie“ liefert dem Forschungsverbund zufolge „deutliche Belege“ für ein hohes Ausmaß sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und diakonischen Werken. Die Rede ist von 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern. Dies sei aber nur „Spitze der Spitze des Eisbergs“. In einer Hochrechnung, die aus Sicht des Forscherteams mit „sehr großer Vorsicht“ betrachtet werden muss, ergäbe sich eine Zahl von insgesamt 9.355 Betroffenen bei geschätzt 3.497 Beschuldigten.