Landesbischof Meister: „Kirchen haben an diesen Verbrechen mitgewirkt“

Als Nachfahren der damaligen Täter dürften die Deutschen über die in Auschwitz verübten Verbrechen nicht schweigen. Diese hätte auch der christliche Glaube nicht verhindert.

Nordkirchen-Landesbischöfin Kristina-Kühnbaum-Schmidt und Bischof Jerzy Samiec aus Polen legen einen Kranz nieder
Nordkirchen-Landesbischöfin Kristina-Kühnbaum-Schmidt und Bischof Jerzy Samiec aus Polen legen einen Kranz niederDNK / LBW F. Hübner

Leitende evangelische Bischöfe haben in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau der Opfer des Holocaust gedacht. Die norddeutsche Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt und der Bischof der lutherischen Kirche in Polen, Jerzy Samiec, legten vor der auch Todeswand genannten Hinrichtungsstätte des ehemaligen NS-Konzentrationslagers Auschwitz einen Kranz nieder.

Die deutschen Verbrechen des 20. Jahrhunderts dürften nicht in Vergessenheit geraten, mahnte Kühnbaum-Schmidt. „Wir müssen uns damit auseinandersetzen, wie es zu diesen Verbrechen kommen konnte, auch um unserer Gegenwart und Zukunft willen.“

Christlich-jüdisches Verhältnis

Bischöfin Kühnbaum-Schmidt und mehrere ihrer Amtskollegen gehörten zu einer Delegation deutscher Kirchenvertreter, die seit Montag in Krakau tagt. Sie bereiten sich dort auf die Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) im September in der Stadt an der Weichsel vor. Bei dem Kongress wollen die knapp vierzig Delegierten das christlich-jüdische Verhältnis nach dem Holocaust diskutieren, auch wegen der Nähe zum ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz. In dem Vernichtungslager ermordete die SS zwischen 1940 und 1945 mindestens 1,1 Millionen Menschen, davon etwa eine Million Jüdinnen und Juden.

„Auschwitz bleibt uns anvertraut“, sagte der leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), der hannoversche Landesbischof Ralf Meister, bei einer Gedenkzeremonie vor dem internationalen Mahnmal für die Todesopfer des Konzentrationslagers Auschwitz. Als Nachfahren der damaligen Täter dürften die Deutschen über die an diesem Ort verübten Verbrechen nicht schweigen.

Judenhass statt Nächstenliebe

Christen müssten in Auschwitz erschüttert feststellen, „dass der christliche Glaube diese Verbrechen nicht verhindern konnte“, sagte Meister weiter. „Mehr noch: Kirchen und ihre Mitglieder haben an diesen Verbrechen mitgewirkt, Judenhass und Menschenverachtung unterstützt, Nächstenliebe und Gefühl außer Kraft gesetzt und damit Schuld auf sich geladen.“

Der Besuch endete am Gedenkplatz des Lagers Birkenau. An der Zeremonie auf dem Lagergelände beteiligten sich der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Friedrich Kramer, sowie der Vorsitzende des Deutschen Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes, der emeritierte württembergische Landesbischof Frank Otfried July.

Dem 1947 gegründeten Lutherischen Weltbund gehören nach eigenen Angaben 149 Kirchen mit 77 Millionen Mitgliedern an. Gastgeberin der bevorstehenden Vollversammlung ist die lutherische Kirche in Polen.