Bischöfin Hofmann bezeichnet Studienergebnisse als beschämend

Die kurhessische Bischöfin Beate Hofmann hat sich erschüttert über die am Donnerstag in Hannover vorgestellte ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen in der evangelischen Kirche geäußert. Die Studie beschreibe und analysiere „das jahrzehntelange institutionelle Versagen“, sagte Hofmann am Donnerstag in Kassel. Es sei „bedrückend und beschämend, die Ausmaße dieses Versagens zu erkennen“. Zugleich bezeichnete sie es als gut und wichtig, dass dieses Versagen klar zum Ausdruck komme und untersucht werde.

Das von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beauftragte Forscherteam geht von mindestens 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern aus. Dies sei aber nur „die Spitze der Spitze des Eisbergs“. Eine mit „großer Vorsicht“ zu betrachtende Hochrechnung auf Basis umfangreicher Daten aus einer einzigen Landeskirche und Erfahrungswerten anderer Untersuchungen ergebe eine Schätzung von 9.355 Betroffenen und 3.497 Beschuldigten.

Die Evangelische Kirche in Kurhessen-Waldeck (EKKW) hat für den Zeitraum zwischen 1946 und 2020 nach eigenen Angaben 76 Betroffene und 34 Täter und Beschuldigte für die Studie gemeldet, darunter überwiegend Pfarrer. Dafür seien Disziplinarakten sowie alle Personalakten von aktiven Pfarrerinnen und Pfarrern untersucht und die Fallzahlen übermittelt worden. „Auch unsere Kirche hat versagt und jahrzehntelang nicht auf die Betroffenen und ihr Leid gehört, sondern vor allem die Täter, ihre Familien und das Ansehen unserer Institution im Blick gehabt und falsche Entscheidungen getroffen“, führte Bischöfin Hofmann aus.

Sie kündigte an, dass die Landeskirche die Erkenntnisse und Empfehlungen der Studie intensiv studieren und im Dialog mit betroffenen Personen die notwendigen Konsequenzen ziehen werde: „Wir müssen unser Selbstbild kritisch überprüfen, unsere Abwehrmuster überwinden und strukturelle Konsequenzen ziehen, zum Beispiel in der Dokumentation von Hinweisen, in der konsequenten Aufarbeitung und im Blick auf Strukturen, die Verantwortung verwischen.“

Die kurhessische Kirche geht davon aus, dass die 76 gemeldeten Fälle nicht der tatsächlichen Anzahl der Betroffenen entspricht, sondern dass diese höher ist. Im Rahmen der Untersuchung seien weitere Fälle ans Licht gekommen, darunter auch erwachsene Betroffene. Aufgrund der in der Aktenrecherche ermittelten sowie der laufenden und geschätzten Fälle sei nach jetzigem Kenntnisstand von etwa 40 bis 50 Tatpersonen in der EKKW auszugehen.