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Bischöfin Fehrs: Religionen können Frieden möglich machen

Weil Angst und Misstrauen in der Gesellschaft zunehmen, sieht Bischöfin Kirsten Fehrs Religionen in besonderer Verantwortung für den Zusammenhalt. Bei einem Adventsempfang warnt sie zugleich vor Missbrauch des Glaubens.

Angesichts zunehmender Polarisierung sieht die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, Religionen in besonderer Verantwortung. “Religionen sind eine Ressource, die zum Zusammenhalt der Gesellschaft beitragen kann”, sagte die Hamburger Bischöfin am Montagabend beim Adventsempfang der Nordkirche in Hamburg. Religionen könnten durch Krisen tragen, Gemeinschaft stärken und Frieden möglich machen. “Das geschieht allerdings nicht automatisch.”

Religiöser Glaube könne auch missbraucht werden, um Angst zu schüren oder Fanatismus zu befördern, so Fehrs. “Dem müssen wir gemeinsam immer wieder entschlossen entgegentreten.” Religiöse Vielfalt werde erst dann zum Segen, wenn Dialog gepflegt und Vertrauen aufgebaut werde.

Als Beispiel nannte sie das Interreligiöse Forum Hamburg, das in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiert. Es stehe für “überparteiliche Zeichen der Solidarität”, etwa nach den rechtsextremistischen Terroranschlägen in Halle und Hanau, nach dem russischen Angriff auf die Ukraine und nach dem Angriff der Hamas auf Israel. “Unser Miteinander zeigt: Frieden entsteht nicht, wenn Unterschiede verschwinden, sondern wenn Menschen mit und trotz ihrer Unterschiede Verantwortung füreinander übernehmen.”

Besonders hob die Bischöfin den Hamburger “Religionsunterricht für alle” hervor – ein bundesweit einzigartiges Modell, bei dem Schüler verschiedener Religionen und Weltanschauungen gemeinsam unterrichtet werden. Ein Schulbesuch habe ihr kürzlich gezeigt, wie wichtig dieser dialogische Religionsunterricht sei. Ein Schüler habe dabei betont, dass es gerade die Offenheit und der Austausch seien, die in Hamburg den Religionsunterricht prägten – und keine vorgegebenen Wahrheiten. “Mich hat dieses Bekenntnis schwer beeindruckt, gerade weil es so authentisch war.”

Der interreligiöse Unterricht schaffe keinen Einheitsglauben, sondern Gesprächsfähigkeit, so Fehrs. “Damit legt er den Grundstein für gesellschaftliche Resilienz.”

Der Adventsempfang in der Hauptkirche Sankt Katharinen ist eine seit vielen Jahren gepflegte Begegnungsveranstaltung der Nordkirche mit Vertretern aus Politik, Religionsgemeinschaften, Kultur und Zivilgesellschaft. Unter den rund 500 Gästen waren auch Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und der katholische Hamburger Erzbischof Stefan Heße.