Die Aktion Unwort des Jahres will unangemessene Sprache offenlegen. Nach “Remigration” 2023 wurden jetzt die neuen Unwort-Begriffe gewählt: biodeutsch, Heizungsverbot und importierter Antisemitismus.
“Biodeutsch” ist das Unwort des Jahres 2024. Das Wort werde vor allem in den Sozialen Medien in rassistischer und nationalistischer Weise gebraucht, teilte die Jury der Sprachaktion am Montag in Marburg mit. “Die mit dem Gebrauch von biodeutsch einhergehende Unterteilung in angeblich ‘echte’ Deutsche und in Deutsche zweiter Klasse ist eine Form von Alltagsrassismus.”
Ursprünglich sei die Wortschöpfung ironisch und satirisch gemeint gewesen, erklärten die Experten. Inzwischen werde das Wort aber klar rassistisch und diskriminierend benutzt, weil es für eine Abgrenzung und Abwertung von Deutschen mit Migrationsgeschichte stehe. Ähnlich würden die Begriffe “Passdeutscher” oder “echter Deutscher” verwendet.
Jurysprecherin Constanze Spieß wandte sich gegen Kritik, dass der Begriff “biodeutsch” kaum bekannt sei. “Das Wort wird im öffentlichen Gebrauch und in den Sozialen Medien verwendet, unter anderem in Reden von Politikern und Politikerinnen”, sagte sie der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Auf Platz zwei wählten die Sprachexperten und -expertinnen das Wort “Heizungsverbot”, weil es irreführend und sachlich falsch sei. Das Gebäudeenergiegesetz habe weder das Heizen noch Heizungen verboten, erklärte die Jury. Vielmehr gehe es um Klimaschutz durch den Neueinbau klimafreundlicher Heizsysteme.
Die diesjährigen Gastjuroren Saba-Nur Cheema und Meron Mendel wählten die Formulierung “importierter Antisemitismus” zu ihrem persönlichen Unwort des Jahres. Der Ausdruck werde von der politischen Rechten benutzt, um von eigenem Antisemitismus abzulenken und Migranten auszugrenzen, erläuterten die Publizistin und der Historiker.
Laut Jury gingen knapp 3.200 Einsendungen für die Unwort-Wahl ein; genannt wurden 655 verschiedene Wörter. Die Entscheidung war dann aber unabhängig von der Zahl der Einsendungen für den jeweiligen Begriff.
In einer wohl abgesprochenen Aktion von Tierschützern erreichte die Jury allein 1.227 Mal das Wort “Tierwohl”. “Biodeutsch” wurde demnach zehn Mal vorgeschlagen. Weitere Einsendungen waren beispielsweise “kriegstüchtig”, “Sondervermögen”, “D-Day” und “Dubaischokolade”.
Die ehrenamtlich tätige Wettbewerbsjury besteht aus Sprachwissenschaftlern und Autoren. Jährlich werden ein oder zwei Gastjuroren eingeladen. 2023 kürte die Sprachaktion den Begriff “Remigration” zum Unwort.
Die Aktion will auf Begriffe aufmerksam machen, die mit der Menschenwürde oder den Prinzipien der Demokratie unvereinbar sind oder gesellschaftliche Gruppen diskriminieren.