Bio-Papst Niggli: Brauchen auch Gentechnik für Welternährung

Immer mehr Menschen müssen ernährt werden, und das in Zeiten von Wetterextremen. Deshalb hält auch Urs Niggli, Pionier des Ökoanbaus, konventionelle Landwirtschaft für unverzichtbar.

Nur mit Öko-Anbau geht es auch nicht, sagt Öko-Experte Urs Niggli
Nur mit Öko-Anbau geht es auch nicht, sagt Öko-Experte Urs NiggliImago / Ralph Lueger

Der Pionier des Ökoanbaus, Urs Niggli, hält Gentechnik und konventionelle Landwirtschaft für unverzichtbar. „Mit ausschließlich biologischer Landwirtschaft würden wir noch mehr Naturräume zerstören müssen, um Menschen ernähren zu können“, sagte der Schweizer Agrarwissenschaftler dem Berliner Tagesspiegel. Er verwies darauf, dass der Biolandbau 20 bis 50 Prozent weniger Ertrag pro Fläche als konventionelle Landwirtschaft liefere, gleichzeitig aber immer mehr Menschen ernährt werden müssten. „Und um gerade in Zeiten von Wetterextremen produktiver zu werden, kann uns die neue Gentechnik helfen.“

Niggli erklärte, die von Bio-Höfen bewirtschafteten Böden seien deutlich fruchtbarer als die von konventionellen Betrieben, die Biodiversität sei höher auf Bio-Äcker und in Bio-Produkten fänden sich kaum Rückstände von Pestiziden. „Aber wenn wir die Welt nachhaltig ernähren wollen, dann müssen wir den Fokus auf die konventionelle Landwirtschaft legen und diese ökologischer machen.“ Er rief dazu auf, eine Polarisierung zwischen konventionell und ökologisch zu überwinden.

Ansicht über Gentechnik „veraltet“

Zugleich sagte er, die Sicht der Bioverbände auf die Gentechnik sei veraltet: „Die Bioverbände halten ganz gezielt die Angst vor molekularbiologischen Züchtungsmethoden hoch, um sich auf dem Markt profilieren zu können.“

Die modernen Züchtungsmethoden mittels Genschere seien ein großer Fortschritt, der für Landwirtschaft und Gesellschaft viele Vorteile biete. „Die Risiken sind jedenfalls geringer, und es ist gut, wenn wir endlich die Chancen und Potenziale diskutieren. Einerseits sind die Eingriffe weniger tief, die Veränderungen kommen auch in der Natur vor, und andererseits ist der züchterische Fortschritt viel rascher“, so der Direktor des Instituts für Agrarökologie agroecology.science, ein Beratungsinstitut für die Landwirtschaft. 2021 war Niggli beteiligt an der Ausrichtung des Welternährungsgipfels im September 2021 in New York.