Bewährungsstrafe für tunesischen Journalisten El Heni

Der bekannte tunesische Journalist Zied El Heni ist zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Wie seine Familie am späten Abend auf Facebook mitteilte, fällte das Gericht der ersten Instanz das Urteil am Mittwoch in Tunis. El Heni hatte im privaten tunesischen Radiosender IFM die Wirtschaftsministerin kritisiert und als unfähig bezeichnet. Am Mittwochmorgen protestierten auf Initiative der tunesischen Journalistengewerkschaft SNJT mehrere Dutzend Medienschaffende vor dem Gericht für seine Freilassung.

El Heni war am 28. Dezember, noch am Tag der Radiosendung, auf Basis eines Dekrets zur Bekämpfung sogenannter Fake News festgenommen worden. Das Verfahren fand aber auf Grundlage des tunesischen Telekommunikationsgesetzes statt. Die Staatsanwaltschaft wirf El Heni vor, er habe „Telekommunikationsnetzwerke genutzt, um Dritte zu beleidigen“.

Das SNJT sowie Nichtregierungsorganisationen kritisierten, dass El Heni nicht auf Basis des Pressegesetzes vor Gericht gestellt wurde, welches eigentlich in Verfahren gegen Medienschaffende angewendet werden müsse. Der SNJT-Vorsitzende Zied Dabbar sprach von einer in der Geschichte des Landes nie dagewesenen Gefahr für die Pressefreiheit. Die Justiz sei in ihren Entscheidungen nicht unabhängig. Fida Hammami vom Tunesien-Büro von Amnesty International bezeichnete das Verfahren als skandalös.

El Heni war bereits unter der Diktatur von Langzeitmachthaber Zine El Abidine Ben Ali vor 2011 mehrfach zensiert und von den Behörden gegängelt worden. Seit dem vergangenen Jahr läuft gegen ihn ein Verfahren wegen Beleidigung des Präsidenten. Der im Herbst 2019 demokratisch gewählte Präsident Kais Saied hat in Tunesien in den vergangenen zwei Jahren immer mehr Macht an sich gerissen und unabhängige Kontrollinstanzen geschwächt. Er regiert zunehmend autoritär.