Beteiligung bei Kirchenwahlen in Niedersachsen deutlich gestiegen

An den evangelischen Kirchenvorstandswahlen in Niedersachsen haben sich diesmal deutlich mehr Menschen beteiligt als noch vor sechs Jahren. Die Wahlbeteiligung lag quer durch die vier beteiligten Landeskirchen gerechnet bei mehr als 20 Prozent, wie die Landeskirchen am mitteilten. Bis zum vergangenen Sonntag waren landesweit insgesamt 2,6 Millionen wahlberechtigte Protestanten ab 14 Jahren aufgerufen, die ehrenamtlichen Leitungsgremien in rund 2.000 Gemeinden zu wählen. Davon gaben mehrere Hunderttausend Menschen ihre Stimme ab.

Die Landeskirchen führte die gestiegene Wahlbeteiligung auf neue und verbesserte Möglichkeiten zur Stimmabgabe zurück. So konnten die Wählerinnen und Wähler in den Landeskirchen Braunschweig, Hannover und Oldenburg erstmals online wählen. Hannover und Oldenburg verschickten zudem flächendeckend Unterlagen zur Briefwahl. Beide Angebote wurden rege genutzt. Zudem wurde in vielen Gemeinden eine Urnenwahl vor Ort angeboten.

Landesweiter Spitzenreiter unter den Ortsgemeinden war die Gemeinde Wartjenstedt bei Salzgitter in der Landeskirche Braunschweig: Dort machten 83,9 Prozent der Wahlberechtigten mit. Die reformierte Gemeinde Marienchor in Ostfriesland kam auf 77,8 Prozent. Insgesamt hatten rund 10.000 Frauen und Männer für mehrere Tausend Plätze in den Vorständen kandidiert.

In der hannoverschen Landeskirche, der größten in Deutschland, stieg die Wahlbeteiligung um rund zehn Prozentpunkte auf durchschnittlich 25,3 Prozent. Davon gaben rund 65 Prozent der Wählerinnen und Wähler ihre Stimme per Brief ab. 30 Prozent nutzten die Online-Wahl, und fünf Prozent gingen in ein Wahllokal. Bisher mussten die Briefwahlunterlagen in der Landeskirche extra beantragt werden.

Landesbischof Ralf Meister sagte, alle Kandidatinnen und Kandidaten hätten deutlich gemacht, dass Glaube und Demokratie zusammengehörten: „Demokratische Kirchenvorstandswahlen sind ein evangelisches Markenzeichen.“ Die Kirche gehöre heute zu den größten Verteidigerinnen der Demokratie. Die Kirchenvorstände leiten gemeinsam mit den Pastorinnen und Pastoren die Gemeinden vor Ort und sind etwa für Gebäude, Ländereien, Friedhöfe, Personal und Finanzen zuständig.

In der oldenburgischen Kirche beteiligten sich 18,6 Prozent der Wahlberechtigten – deutlich mehr als zuvor. Bischof Thomas Adomeit dankte allen Wählern und Gewählten: „Besonders froh bin ich, dass unter diesen Menschen nach meiner Kenntnis niemand dem Verdacht unterliegt, eine extremistische Grundhaltung zu vertreten“, betonte er. „Denn Personen, die sich rassistisch, antisemitisch, islamfeindlich, queerfeindlich oder demokratiefeindlich äußern, sind nicht geeignet, ein kirchliches Leitungsamt zu übernehmen.“

In der braunschweigischen Landeskirche erhöhte sich die Beteiligung leicht von 19,3 auf 20,6 Prozent. Die große Mehrzahl gab ihre Stimme online ab: 62,2 Prozent der Wählerinnen und Wähler nutzten diese neue Möglichkeit. Dafür war ein QR-Code mit der Wahlbenachrichtigung an alle wahlberechtigten Mitglieder versandt worden. Anders als in den benachbarten Kirchen musste eine Briefwahl hier jedoch im jeweiligen Gemeindebüro eigens beantragt werden.

In der Evangelisch-reformierten Kirche mit Sitz in Leer blieb die Wahlbeteiligung in etwa stabil. Gegenüber 2018 sank sie leicht um 0,2 Prozentpunkte auf 14,3 Prozent. Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden bedankte sich bei allen Bewerberinnen und Bewerbern sowie bei den Organisatoren: „Unsere Demokratie – auch in unserer Kirche – lebt von Ihrer Bereitschaft.“ Die reformierte Kirche hatte auf eine allgemeine Briefwahl und auf eine Stimmabgabe per Internet verzichtet. Eine Briefwahl musste wie in der braunschweigischen Kirche extra beantragt werden.

Allgemein stieg der Frauenanteil in den Kirchenvorständen auf über 60 Prozent. An mehreren Dutzend Orten wurden erstmals Jugendliche im Alter von unter 18 Jahren in die Leitungsgremien gewählt. In der schaumburg-lippischen Landeskirche mit Sitz in Bückeburg wurde nur teilweise gewählt – hier gibt es ein besonderes Wahlverfahren für „Gemeindekirchenräte“.