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Belém vor der COP 30: Prachtbauten und Plastikbäume

Zu wenig Infrastruktur, nicht ausreichend Hotels, Verkehrschaos: Viele Länder haben es der 1,3-Millionen-Stadt Belém im Amazonasdelta nicht zugetraut, ein Mega-Event wie die UN-Klimakonferenz (COP 30) auszurichten. Monate vorher wurden Forderungen laut, es müsse eine andere Stadt ausgewählt werden. Auch weil die knappen Unterkünfte so teuer seien, dass viele der ärmeren Länder sich eine Teilnahme nicht leisten können. Doch Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva wollte die Konferenz unbedingt an den Amazonas holen, ins Zentrum der Klimakrise.

Belém wurde zu Zeiten des Kautschukbooms im 19. Jahrhundert als „Paris der Tropen“ errichtet. Eine Stadt voller kolonialer Prachtbauten wie dem ersten Kino Lateinamerikas, dem Theater Teatro da Paz, sowie den Art-Deko-Stadtpalästen der Kautschukbarone. Inzwischen verströmt das sogenannte Eingangstor zum Amazonas einen leicht modrigen Charme. Schlingpflanzen wuchern in Fensterhöhlen, Moose überziehen Hauswände, Rost nagt an der Eisenkonstruktion der Markthalle Ver-o-Peso.

Seitdem die Stadt zur Ausrichterin der Konferenz vom 10. bis 21. November ernannt worden ist, haben sich die Besucherzahlen verdoppelt und die brasilianische Tourismusbehörde listet Belém als Stadt mit großer touristischer Zukunft.

Der Weg zur COP 30 allerdings ist von Kritik begleitet. So haben die Delegationen wirtschaftlich schwacher Länder Probleme, bezahlbare Unterkünfte zu finden. Sogar Präsident Lula kündigte an, er werde auf einem Boot übernachten. Und der Gastgeber und COP-Präsident Corrêa do Lago, wiegelte ab, er habe Spenden erhalten, mit denen er finanzschwache Länder unterstützen könne.

Zur Verschönerung der Stadt hat die Regierung ein Vier-Milliarden-Reais-Programm aufgelegt, umgerechnet rund 640 Millionen Euro. Ausfallstraßen und Viadukte wurden gebaut, Kanäle gesäubert, Haushalte an das Abwassersystem angeschlossen, Parks und Grünflächen aufgehübscht oder erst neu gepflanzt. Der Wettkampf mit der Zeit war groß, um die Stadt in neuem Glanz zu präsentieren. Zwei Monate vor Konferenzbeginn im September standen tagelang die Baustellen still, weil rund 5.000 Bauarbeiter für besseren Lohn streikten. Mit Erfolg.

Wenige Tage vor Beginn der Konferenz sind die Bauzäune abgebaut. 3.000 Quadratmeter neue Grünflächen sollen helfen, die Hitze zu mildern: Bis 2050 könnte das grünflächenarme Belém zum zweitheißesten urbanen Zentrum der Welt werden, warnt die US-amerikanische NGO CarbonPlan.

Neu angelegt ist unter anderem der Parque Linear: ein langgezogener eingezäunter Park an einem der vielen Kanäle, mit Open-Air-Fitnesszone, Sitzbänken und reichlich Pflanzen. Umgerechnet 50 Millionen Euro hat die Anlage gekostet, die ausgerechnet den Bewohnern des nobelsten Wohnviertels der Stadt zugutekommt.

Heftige Kritik gab es auch an den dort gepflanzten „Bäumen“ – in der ersten Version Kunstobjekte aus recycelten PET-Flaschen. Nach Protesten kam die zweite Variante, eine imposante Metallkonstruktion, auf deren Krone Blumentöpfe mit Pflanzen thronten. Auch diese wurde verworfen und durch bescheidenere Metallgerüste ersetzt, an denen sich nun Kletterpflanzen gegen die unerbittliche Sonne zu behaupten versuchen.

„Das wird keine Luxus-COP“

Auch gegen Obdachlose ist die Stadtverwaltung im Juni und Oktober vorgegangen. Laut Medienberichten sollen ihre Besitztümer vernichtet worden sein. Dabei hatte sich Präsident Lula für eine ehrliche Präsentation der Realität ausgesprochen. „Wir müssen der Welt zeigen, was Amazonien ist, was der Bundesstaat Pará ist. Das wird keine Luxus-COP, es wird eine COP der Wahrheit“, sagte der Staatschef.

Eine Wahrheit, die schon vor der COP 30 für Unmut unter den Gästen sorgt, ist die Erlaubnis zu Probebohrungen für die Erdölförderung im Amazonasbecken, die Brasiliens Umweltbehörde erst kürzlich erteilt hat. Der halbstaatliche Ölkonzern Petrobras will mit Basis in Belém sofort mit den Bohrungen beginnen. Insgesamt acht NGOs und Umweltschutzorganisationen haben den brasilianischen Staat, die Umweltbehörde Ibama und den Konzern nun verklagt, um die Bohrungen zu stoppen. Schwierige Vorzeichen für die Konferenz in Belém.