Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, hat mehr Anstrengungen zum Schutz von Menschen in Behinderteneinrichtungen vor Gewalt gefordert. Es gebe zwar seit 2021 im Sozialgesetzbuch eine neue Regelung, die Einrichtungen zu Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt verpflichte, insbesondere zu einrichtungsbezogenen Gewaltschutzkonzepten. Dies reiche jedoch nicht aus, sagte Dusel dem Evangelischen Pressedienst (epd) anlässlich eines Fachgesprächs über sexuellen Kindesmissbrauch in der Behindertenhilfe der DDR.
„Beim Thema Gewaltschutz sind wir noch nicht am Ziel“, sagte Dusel. Die bestehende „Rechtsnorm sollte konkretisiert und um Mindeststandards ergänzt werden“. Dies habe „leider in der nun endenden Legislaturperiode nicht mehr geklappt“.
Behindertenbeauftragter: Mehr unabhängige Kontrollen nötig
Es seien unter anderem verpflichtende Fortbildungen für Einrichtungspersonal zu Gewalt nötig, sagte Dusel: „Wir brauchen einen noch verbindlicheren und konkreteren Gewaltschutz, um Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen wirksam vor Gewalt zu schützen.“ Zudem müssten heutige Einrichtungen stärker durch unabhängige Stellen kontrolliert werden. Der Betrieb solcher Einrichtungen begünstige immer strukturelle Abhängigkeiten und bringe damit eine erhöhte Gefahr für Missbrauch mit sich. Deshalb komme der Deinstitutionalisierung auch beim Gewaltschutz eine wichtige Rolle zu.
Der Beauftragte der Bundesregierung forderte zugleich eine bessere Aufarbeitung des Missbrauchs Behinderter in der DDR. Missbrauch und Gewalt habe es zwar auch in den Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen in der BRD gegeben. „Der entscheidende Unterschied besteht aber darin, dass es in der BRD andere Kontroll- und Verfolgungsmöglichkeiten durch die unabhängige Justiz gegeben hat“, sagte Dusel: „Insofern gab es durchaus ein DDR-spezifisches Unrecht, da der Staat und die SED systematisch die Taten an Menschen mit Behinderungen vertuscht haben.“
Mit dem Ende der DDR seien viele Akten verschwunden oder schwer auffindbar, sagte Dusel. Die noch vorhandenen Akten müssten gesichert, Täterinnen und Täter identifiziert und Strukturen aufgedeckt werden, wo dies noch nicht geschehen sei. In der DDR seien Behinderteneinrichtungen oft isoliert und staatlich abgeschirmt gewesen. Dies habe Missbrauch begünstigt. Die gesellschaftliche Diskussion darüber sei bislang „unzureichend und schleppend“ verlaufen. Aufarbeitung und Forschung seien nötig, „um den Opfern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und das Tabu zu brechen“.
