Beauftragter Klein und Zentralrat fordern mehr Schutz von Juden

Jüdinnen und Juden in der EU sehen sich einer Umfrage zufolge zunehmend Diskriminierung ausgesetzt. Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat zu mehr Schutz von Juden aufgerufen.

Jüdinnen und Juden fühlen sich zunehmend unsicherer
Jüdinnen und Juden fühlen sich zunehmend unsichererImago / Imagebroker

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat Bund und Länder zu mehr Schutz von Juden aufgerufen. „Die Wahrnehmung von Jüdinnen und Juden europaweit zum Erstarken des Antisemitismus ist erschütternd und sie ist auch durch Zahlen belegt“, sagte ein Sprecher des Zentralrats der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. Er reagierte damit auf eine in der vergangenen Woche veröffentlichten Umfrage der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) unter 8.000 jüdischen Menschen aus 13 EU-Ländern. Deutschland hatte in der Umfrage besonders schlecht abgeschnitten.

„Der deutsche Staat will jüdisches Leben schützen, aber es gelingt ihm offenbar nicht“, sagte der Sprecher des Zentralrats weiter. „Ohne Scheuklappen“ müsse gegen muslimischen Antisemitismus, der in Folge von Migration steige, vorgehen. „Und wir müssen noch stärker die große Bedrohung des rechtsextremen Antisemitismus in den Blick nehmen.“

Klein: “Ergebnisse der Umfrage sind alarmierend”

Besorgt über den laut Umfrage wachsenden Antisemitismus zeigte sich auch der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein: „Die Ergebnisse der Umfrage sind alarmierend und müssen uns als Gesellschaft einmal mehr Ansporn sein, mit aller Kraft gegen Antisemitismus vorzugehen“, sagte Klein der Zeitung. „Besonders schwer wiegt dabei, dass 86 Prozent der Befragten der Meinung sind, dass Antisemitismus in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren zugenommen habe und dies noch vor dem schrecklichen Terrorangriff vom 7. Oktober und seinen Folgen angegeben wurde.“

Jüdinnen und Juden in der EU sehen sich einer Umfrage zufolge zunehmend Diskriminierung und Hassverbrechen ausgesetzt. EU-weit waren 80 Prozent der Befragten der Auffassung, dass Antisemitismus in den vergangenen fünf Jahren zugenommen hat, wie die EU-Agentur für Grundrechte (FRA) am vergangenen Donnerstag in Wien mitgeteilt hatte. In Deutschland lag dieser Wert unter den erfassten Ländern am höchsten. Hier gaben 86 Prozent der Befragten an, dass Antisemitismus in den vergangenen fünf Jahren zugenommen habe.

Jüdinnen und Juden im Alltag mit Antisemitismus konfrontiert

Die Hälfte der in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden (51 Prozent) hat daher laut dem Bericht in den vergangenen fünf Jahren in Erwägung gezogen, das Land zu verlassen. Im EU-Durchschnitt zogen 45 Prozent der Befragten diesen Schritt in Betracht. Sowohl in Deutschland als auch in der gesamten EU gaben 96 Prozent der Befragten an, 2022 in ihrem Alltag mit Antisemitismus konfrontiert gewesen zu sein.

EU-weit sorgten sich 53 Prozent um ihre eigene Sicherheit, in Deutschland waren es 59 Prozent. EU-weit verbergen aus Sicherheitsgründen 76 Prozent ihre jüdische Identität gelegentlich. Bei den in Deutschland Befragten gaben 80 Prozent an, das Tragen jüdischer Symbole in der Öffentlichkeit zumindest gelegentlich zu vermeiden. 59 Prozent der in Deutschland befragten Jüdinnen und Juden tragen demnach aus Sicherheitsbedenken nie jüdische Symbole. EU-weit waren es 48 Prozent.

Die Befragung wurde vor dem Angriff der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 durchgeführt. Den Angaben zufolge nahmen 8.000 Juden über 16 Jahren von Januar bis Juni 2023 an der Online-Umfrage teil. In Deutschland beteiligten sich 892. Die jüdische Bevölkerung hierzulande schätzt die Grundrechte-Agentur auf 171.500 Menschen.