Beauftragter Dusel für Gebärdensprache als Wahlpflichtfach
Zum Internationalen Tag der Gebärdensprachen kritisiert Jürgen Dusel den Mangel an Gebärdensprachdolmetschern – und fordert zudem die Einführung von Gebärdensprache als Wahlpflichtfach in Schulen.
Anlässlich des Internationalen Tags der Gebärdensprachen (23. September) beklagt der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, einen Mangel an Gebärdensprachdolmetschern in Deutschland. „Da haben wir ein sehr großes Problem“, sagte Dusel in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Teilweise müsse man über Wochen im Voraus Gebärdensprachleistungen bestellen. Neben besseren Arbeits- und Ausbildungsbedingungen regte er an, Gebärdensprache als Wahlpflichtfach in der Schule anzubieten.
Er glaube, dass das Bewusstsein für die Bedeutung von Gebärdensprache noch fehle. „Stellen Sie sich vor, man könnte Deutsche Gebärdensprache als Wahlpflichtsprache in der Schule lernen, als zweite oder dritte Sprache statt Spanisch oder Russisch zum Beispiel“, sagte er und ergänzte: „Das wäre cool.“
Schätzungsweise gibt es Dusel zufolge in Deutschland etwa 800 bis 900 Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetscher. Dem stehen rund 80.000 taube Menschen gegenüber, die im Alltag die Verdolmetschung brauchen. „Das ist ein Problem, wenn etwa taube Eltern am Elternabend in der Schule teilnehmen wollen“, sagte er und ergänzte: „Oder ein extremes Beispiel: Wie erklärt jemand in der Notaufnahme, dass er starke Schmerzen hat, wenn er nicht sprechen kann?“
Gebärdensprache seit 2002 in Deutschland anerkannt
Die Gebärdensprache sei als eigenständige Sprache erst seit 2002 in Deutschland anerkannt, später als in anderen Ländern, sagte Dusel. Entsprechend habe sich der Markt der Gebärdensprache langsamer entwickelt. „Wir haben nur ein paar Orte, wo man das lernen kann“, sagte der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungen.
Taube Menschen bezeichnete Dusel als „marginalisierte Gruppe“, die sowohl bei der Kommunikation mit Behörden als auch im Privatbereich mit Barrieren zu kämpfen habe. Dusel wiederholte daher seine Forderung nach einer möglichst baldigen Reform des Behindertengleichstellungsgesetzes, die auch private Anbieter von wichtigen Gütern und Dienstleistungen in die Pflicht nehmen soll, Barrieren abzubauen. „Das gilt beispielsweise, wenn jemand zur Bank geht, eine Wohnung sucht oder beispielsweise privat touristisch unterwegs ist“, sagte Dusel.
Versprechen der Regierungskoalition muss gehalten werden
Der Gesetzesentwurf zur Reform des Behindertengleichstellungsgesetzes aus dem Arbeits- und Sozialministerium liege nun endlich vor. „Ich hoffe, dass er nach der Ressortabstimmung zügig in die Länder- und Verbändebeteiligung geht“, sagte er. Verabredungen aus dem Koalitionsvertrag müssten umgesetzt werden. „Zum ersten Mal hat eine Regierungskoalition darin gesagt: Wir wollen, dass Deutschland in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens barrierefrei wird“, sagte er: „Das war ein großes Versprechen. Jetzt muss es gehalten werden.“