Die Zahl der Opfer ist erschreckend hoch. Erste Hilfe erhalten Betroffene von Missbrauch durch einen Fonds. Der sei nicht rechtssicher, so der Bundesrechnungshof. Die Beauftragte Claus hat nach einem Ausweg gesucht.
Nach Ansicht der Unabhängigen Bundesbeauftragten Kerstin Claus kann der Fonds Sexueller Missbrauch erhalten werden. Ein entsprechendes Gutachten zeige, dass er rechtskonform aufgestellt werden könne, erklärte Claus am Mittwoch in Berlin. Sie appellierte an die Bundesregierung und an die Abgeordneten des Bundestags, dafür jetzt die finanziellen Mittel bereitzustellen. Die entsprechenden Beratungen sind für den 13. Oktober im Bundestag geplant.
Der Fonds war 2013 eingerichtet worden. Betroffene können Hilfen beantragen, die über Leistungen der Kranken- oder Pflegekassen oder andere Unterstützungen hinausgehen. Beantragt werden können Sachleistungen von bis zu 10.000 Euro und bei einem höheren Bedarf wegen einer Behinderung bis zu 15.000 Euro. Bis Ende 2023 wurden den Angaben zufolge rund 164 Millionen Euro ausgezahlt.
Derzeit beraten Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) und Claus, wie der Fonds rechtlich abgesichert weiterlaufen kann. Der Bundesrechnungshof hatte im vergangenen Jahr die Ausgestaltung des vor zwölf Jahren eingerichteten Fonds kritisiert und darauf gedrängt, ihn auf bestimmte Vorgaben wie eine zeitliche Befristung der Hilfen anzupassen. Aufgrund fehlender Mittel werden derzeit nur noch Anträge bearbeitet, die bis Mitte März eingereicht wurden.
Die Bundesbeauftragte gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen betonte, Ziel des Gutachtens sei es gewesen, eine juristische Expertise zu erstellen, wie der Fonds unter anderem gesetzlich verankert werden könne. Ein Ergebnis ist demnach, dass es am sinnvollsten wäre, ein eigenständiges Gesetz dazu zu erarbeiten. Um Antragslücken zwischen alter und neuer Regelung zu vermeiden, sollte zeitnah eine Übergangslösung geschaffen werden.
Claus erklärte weiter, der Fonds Sexueller Missbrauch sei für viele Betroffene die einzige Option auf unbürokratische und niedrigschwellige Hilfe. Er sei damit ein “starkes Zeichen staatlicher Verantwortungsübernahme” und eine wichtige Anerkennung des erlittenen Unrechts. Denn sexualisierte Gewalt zerstöre Biografien, viele Betroffene würden ein Leben lang mit den Folgen ringen.
Im Interview der “Frankfurter Rundschau” sagte Claus, die Politik habe in den vergangenen zehn Jahren versäumt, den Fonds haushaltstechnisch auf eine solide Basis zu stellen. Die Abgeordneten im Bundestag müssten “den Fonds jetzt über die Haushaltsverhandlungen sichern, das hat Priorität”. Notwendig sei außerdem ein Gesetz zur Absicherung des Fonds: “Dass sich alle wegducken, ist keine Option.”
Das Ausmaß sexualisierter Gewalt gegen Minderjährige nannte Claus “monströs”. Zu den 16.300 im vergangenen Jahr in der Kriminalstatistik erfassten Fällen, hinter denen oft über Monate und Jahre andauernde sexualisierte Gewalt stehe, kämen “noch all die Fälle, von denen wir nichts wissen”.