Barbie-Film: Blödes Blondchen oder Vorbild für moderne Frauen?

Barbie, die schlanke, langmähnige Schönheit, ist aus zahllosen Kinderzimmern nicht wegzudenken. Nun soll die amerikanische Kunstfigur hierzulande auch die Leinwand erobern.

"Ken" Ryan Gosling und "Barbie" Margot Robbie bei der europäischen Film-Premiere
"Ken" Ryan Gosling und "Barbie" Margot Robbie bei der europäischen Film-PremiereImago / ZUMA Wire

Vor allem kleine Mädchen lieben sie, Eltern und Pädagogen sehen das Plastikwesen eher kritisch: Barbie – die superschlanke und stets top gestylte Puppe verkörpere nicht nur unrealistische Schönheitsideale und Körpermaße, die junge Menschen zu Essstörungen verleiten könnten. Auch bedenkliche Produktionsbedingungen bei der Spielzeugpuppe standen lange in der Kritik. Dennoch lässt Barbie seit Generationen Mädchenherzen weltweit höher schlagen.

Mattel – Kombination aus den Namen von Matt und Elliot

Dass ihre Kreation einmal solch ein Erfolg werden sollte, hat die jüdische Geschäftsfrau Ruth Handler wohl kaum geahnt. Geboren in Denver als jüngstes von zehn Kindern, arbeitet sie zunächst als Sekretärin in Los Angeles, ihr Mann Izzy Handler als Designer. Aufgrund von antisemitischen Anfeindungen bittet sie ihren Mann, seinen Familiennamen in den stärker amerikanisierten Namen Elliot zu ändern, wie die „Jerusalem Post“ jüngst berichtet hat. Im Zweiten Weltkrieg produzieren die Handlers gemeinsam mit ihrem Freund Harold „Matt“ Matson unter anderem erfolgreich Puppenhausmöbel. Dieser Zusammenarbeit entspringt auch der Unternehmensname Mattel – der Kombination aus den Namen von Matt und Elliot.

Nach Kriegsende wird Handler die erste Präsidentin von Mattel. Noch stellt das Unternehmen – mit männlichen Designern – überwiegend Spielzeug für kleine Jungen her. Da beobachtet sie, wie ihre Tochter Barbara mit ihren Freundinnen mit Papierpuppen spielt. Sie sehen die Puppe nicht – wie üblich – als Baby, das es zu umsorgen gilt; vielmehr versetzen sich die Mädchen in die Puppe als erwachsene Frau – und wollten wie sie sein. Die Idee ist geboren.

An neuen Modells sind Designer und Schneider beteiligt

Im Frühjahr 1959 wird die „Barbie“ erstmals auf der Spielwarenmesse in New York präsentiert. Dem ersten Modell mit Pferdeschwanz und schwarz-weiß gestreiftem Badeanzug folgen unzählige weitere. Mehr als 70 Modedesigner haben sie bislang eingekleidet. An der Entwicklung von Kleidung und Aussehen jedes neuen Modells sind Designer, Schneider, Modellbauer und Stylisten beteiligt.

 

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Zum 50. Geburtstag der Plastik-Blondine stand Mattel 2009 noch wegen menschenunwürdiger Produktionsbedingungen in China in der Kritik. Auch Dank des Aktionsbündnisses „Fair spielt – Faire Spielregeln in der Spielzeugproduktion“, das über 20 Jahre für bessere Produktionsbedingungen gekämpft hat, sind seit 2006 die chinesischen Mattel-Lieferanten nach dem Kodex der International Council of Toy Industries (ICTI) zertifiziert. Mattel hat sich nach eigenen Angaben zu einem fairen Umgang mit den Produktionskräften sowie einem sicheren Arbeitsumfeld verpflichtet.

Barbies Wandlungsfähigkeit verschafft ihr Ruhm

2019 – zum 60. Jahrestag der Markteinführung – konnte Unternehmenssprecherin Anne Polsak 58 Millionen verkaufte Exemplare in 150 Ländern vermelden. Ein Grund für Barbies Beliebtheit liege in deren Wandlungsfähigkeit – und in ihrer emanzipierten Haltung, erklärte Polsak: „Barbie ist immer ein Spiegel ihrer Zeit.“ Sie verkörpere inzwischen Dutzende Nationalitäten und mehr als 200 erfolgreiche Typen, darunter eine Astronautin oder Präsidentschaftskandidatin. „Wir möchten Mädchen ermutigen, an ihre Träume zu glauben.“

Dabei rief die langmähnige, superschlanke und perfekt gestylte Frauenpuppe in der Vergangenheit immer wieder auch Kritiker auf den Plan. Barbie sei oberflächlich und konsumorientiert, verkörpere ein falsches Schönheitsideal und bediene eher Männerfantasien, als ein realistisches Frauenbild zu zeigen. 2016 reagierte der Konzern und stellte eine neue Barbie-Kollektion vor – unter anderem mit realistischeren Körpermaßen und verschiedenen Haut- und Haarfarben.

Puppen im Rollstuhl und mit Glatze

Barbie erfindet sich immer wieder neu, nicht nur in Bezug auf Optik und moderne Berufen. Es gab bereits Puppen im Rollstuhl, eine gehbehinderte Barbie mit Stock und 2012 die Sonderedition einer Puppe mit Glatze, die krebskranken Kinder vermitteln wollte, dass man auch ohne Haare schön sein kann. Seit diesem Frühjahr ist eine Puppe mit Down-Syndrom auf dem Markt.

Immerhin diese Botschaft des Kinofilms „Barbie“ stimmt mit dem Plastikwesen versöhnlich: Weil sie in Barbieland für nicht mehr perfekt befunden wird, wandert sie in die Menschenwelt aus. Willkommen in der Wirklichkeit.