Am 4. Dezember ist es wieder soweit: Zeit, einen „Barbarazweig“ zu schneiden. Der alte Brauch, nach dem ein an diesem Tag geschnittener Obstzweig zu Weihnachten blüht, geht zurück auf die Legende der Heiligen Barbara. Aus Sicht von Pfarrer Peter Schock aus Freiburg nimmt der Brauch für Protestanten die „Adventssymbolik“ auf.
„Der Brauch zeigt uns, dass Advent eine Zeit des Wartens ist“, sagte der landeskirchliche Beauftragte der Evangelischen Landeskirche in Baden (Karlsruhe) für den kirchlichen Dienst auf dem Land dem Evangelischen Pressedienst (epd). Weihnachten, betont er, sei erst am 24. Dezember. „Dass sich Menschen so unter Druck setzen, um bis zum 1. Advent schon fertig dekoriert und gebacken zu haben, kann ich nicht nachvollziehen“, führt Schock aus.
Die Barbaralegende besagt, dass im 3. Jahrhundert in Kleinasien eine schöne Jungfrau aus gutem Hause das Christentum kennenlernte. Sie sei von ihrem heidnischen Vater daraufhin eingesperrt und angezeigt worden. Zum Tode verurteilt, soll sie auf dem Weg zum Schafott einen Zweig abgebrochen haben, der an Weihnachten erblühte. Aus der grausamen Geschichte – der Vater soll sie persönlich geköpft haben – ging Barbara als Märtyrerin hervor. „Sie war eine sehr populäre Heilige, weshalb man sie auch in der evangelischen Kirche kennt“, weiß Schock.
Im Mittelalter wurde sie die Schutzheilige verschiedener Berufe. Als Beschützerin der Berg- und Feuerwehrleute, der Feuerwerker und der Artillerie beim Militär soll sie vor einem plötzlichen Tod bewahren. Gemeint ist ein Tod etwa durch herabfallende Steine oder eine Explosion, bei dem keine Zeit blieb, sich zu verabschieden. Denn: Die heilige Barbara starb ohne Sterbesakramente, ihren Vater soll nach der Legende der Blitz erschlagen haben, nachdem er seine Tochter geköpft hatte.
In Schlesien unter Bergleuten und in stark katholisch geprägten Regionen halte die Barbaraverehrung bis heute an, sagt der Theologe. Am Schauinsland bei Freiburg heißt ein ehemaliger Bergwerksstollen Barbarastollen. Der Brauch wirkt bis nach Frankreich, wo die Munitionslager der französischen Marine „La Babette“ (dt. Barbarazimmer) heißen.
Nach dem mittelalterlichen Brauch bedarf der Zweig eines Kirsch-, Zwetschgen- oder anderen Obstbaumes einer besonderen Behandlung, um an Weihnachten zu blühen: „Er braucht einen Kältereiz durch Frost, dann einen Wärmereiz durch lauwarmes Wasser als Signal für den Frühling. Anschließend wird er in normales Wasser gestellt, das alle drei Tage gewechselt wird“, erklärt der Pfarrer, der auch Landwirt ist.
Der alte Brauch ist auch anno 2025 beliebt. Wer dieser Tage über den Freiburger Wochenmarkt auf dem Münsterplatz schlendert, findet neben vielen anderen Köstlichkeiten „Barbarazweige“ im Angebot. „Der Brauch erinnert uns daran, dass wir von Dingen umgeben sind, die wir nicht beeinflussen können“, schlägt Schock den Bogen zur Adventszeit. „Ob das, was wir mit unserem Tun beabsichtigen, am Ende gelingt, liegt nicht in meiner Macht“, formuliert er die christliche Überzeugung, wonach Gott die Geschicke lenkt. Advent sei die Zeit, in der es mit jeder Kerze auf dem Adventskranz heller werde. „Auf diesen Prozess, dass sich die Dinge entwickeln dürfen, muss man sich einlassen“, mahnt Schock zu Vertrauen, Hoffnung und Geduld. (3096/02.12.2025)