Autor und Ex-Seefahrer: Das könnten Menschen von Möwen lernen

Raubvogel, vorwitziger Pommesdieb, Urlaubssymbol: Menschen sehen in Möwen vieles. Einer, der die Vögel aus unterschiedlichen Warten beobachtet hat, wirbt nun für einen genaueren Blick.

Holger Teschke, Buchautor und früher Maschinist auf Fischkuttern, wirbt für mehr Aufmerksamkeit gegenüber Seevögeln. Unter Seeleuten würden Möwen mitunter als “Boten aus der Zukunft” bezeichnet, die beispielsweise auf kommende Stürme hinwiesen, sagte Teschke der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). “Das müssen nicht immer meteorologische Stürme sein, sondern auch zivilisatorische Stürme. Wir sollten lernen, ein bisschen besser hinzuschauen und hinzuhören.”

Exemplarisch nannte der Autor eines kürzlich erschienenen Buchs über Möwen den Plastikmüll in den Weltmeeren. Möwen seien Allesfresser und könnten mit ihrer starken Magensäure fast alles zersetzen. “Aber beim Plastik hört auch bei Möwen der Spaß auf. Von der Apokalypse des Anthropozän sind auch sie betroffen.”

Studien zufolge könnten in den kommenden Jahrzehnten zwei Drittel aller Seevögel-Arten aussterben. “Diese Gefahr sollte uns zu denken geben, in unserem eigenen täglichen Verhalten zwischen Autofahren und Konsum”, betonte Teschke. Zudem müsste der Mensch eigentlich “froh und dankbar” dafür sein, dass manche Tiere noch seine Nähe suchten.

Für viele Menschen seien Möwen jedoch ähnlich wie Hühner oder Tauben – Vögel, die man selbstverständlich hinnehme und mitunter eher lästig finde. “Ich bin selbst mit Möwen aufgewachsen, und die waren bei uns nicht besonders beliebt, vor allem, wenn meine Mutter ihre Wäsche draußen hatte”, sagte der auf der Insel Rügen geborene Teschke, der auch als Dramaturg, Regisseur und Regielehrer gearbeitet hat.

Sobald man sich näher mit den Seevögeln befasse, stelle man fest, “was für wunderbare Geschöpfe das sind”. Möwen seien klug, lern- und anpassungsfähig – und musikalisch. “Sie nutzen eine enorme Bandbreite an Tönen – von der Balz bis zur Abwehr, wenn ihre Jungen geschlüpft sind.” Was viele nur als schrille Schreie wahrnähmen, sei von Zoologen sogar in Notenumschrift festgehalten worden.