Ausstellung erzählt Geschichte von Niedersachsens Grenzdurchgangslager Friedland

Mit „Fluchtpunkt Friedland“ erinnert das Museum Friedland an Millionen von Menschen, für die das Grenzdurchgangslager der Weg in eine neue Zukunft war ­–­ und ist.­

Direkt am Bahnhof Friedland befindet sich auch das Museum.
Direkt am Bahnhof Friedland befindet sich auch das Museum.Joachim Göres

Mehr als vier Millionen Menschen sind seit Ende des Zweiten Weltkriegs über das Grenzdurchgangslager Friedland nach Deutschland gekommen: entlassene Kriegsgefangene, Vertriebene, Ausgewiesene, Displaced Persons, Aussiedler, Menschen auf der Flucht, Schutzsuchende aus vielen Teilen der Welt. Bis heute ist Friedland südlich von Göttingen die niedersächsische Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende aus aller Welt und auch für jüdische Zuwanderer aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion.

Zudem ist das Grenzdurchgangslager die bundesweit einzige Einrichtung für Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion. Im Museum Friedland erzählen mehr als 400 Exponate ihre unterschiedlichen Geschichten.

Führungen zu Flucht und Vertreibung

In der Dauerausstellung und bei Führungen geht es um Flucht und Vertreibung als Folge des Zweiten Weltkriegs, um Friedland zwischen Kaltem Krieg und aktuellen Konflikten, die besondere Situation von Kindern und Frauen auf der Flucht oder um Glaube und Religion.

Zeitungsausschnitte und Fotos zeigen, dass die Innere Mission der evangelischen Kirche und das katholische Hilfswerk Caritas im Lager seit Ende 1945 zum Beispiel beim Verteilen von Spenden aktiv sind. Auf einem Foto von 1949 sind der katholische Lagerpfarrer Josef Krahé und Major Mitchell von der britischen Heilsarmee zusammen mit Mitarbeitenden von Wohlfahrtsverbänden zu sehen.

Die Innere Mission war federführend beim Jugendauffanglager, das 1947 für Minderjährige eingerichtet wurde, die alleine aus Ostdeutschland in den Westen gelangten. Aus einem Bericht von 1949 geht hervor, dass sie in der Regel vier Wochen in Friedland blieben und in einem „strengen Tagesablauf mit zahlreichen Disziplinierungsmaßnahmen“ zu „Sauberkeit, Ordnung, Tätigkeit und Gemeinschaftssinn“ erzogen wurden. Von dort wurden sie in Arbeitsstellen vermittelt, vor allem nach Nordrhein-Westfalen. 1951 wird das Jugendauffanglager geschlossen, weil die Zahl jugendlicher Zuwanderer aus der DDR stark zurückgegangen ist.

„Der erste Schritt in mein zweites Leben“

In der Ausstellung liegen Postkarten, die zusammenfassen, worauf ehemalige Friedland-Bewohner viele Jahrzehnte später in Interviews zurückblicken. Dabei wird deutlich, wie stark sich das Lager verändert hat – anfangs gab es 200 Nissenhütten ohne Fußböden, als Schlafunterlage dienten Strohsäcke. Sätze wie „In Friedland haben wir wahnsinnig gefroren“ oder „Friedland ist für mich der Ort der Enttäuschung“ erinnern daran. Auf anderen Karten finden sich Aussagen wie „Es war stinklangweilig im Lager Friedland“, aber auch „Friedland war für mich wie ein Hotel“ oder „In Friedland habe ich den ersten Schritt in mein zweites Leben getan“.

Im Katalog zur Dauerausstellung finden sich detailliertere Beschreibungen. Justyna Klewin kam 1987 aus Polen nach Friedland. 26 Jahre später ist bei ihr eine Erinnerung besonders haften geblieben: „Das war die einzige Sache, die mich so gestört hat in Friedland, dass man willkürlich von Justyna auf Justine oder meine Mutter von Sabina auf Sabine umbenannt wird.“

Wer den Weg ins Museum gefunden hat, sollte seine Schritte auch in das angrenzende Lager lenken. Dort findet man im Original, was im Museum auf Fotos und Modellen zu sehen ist: die evangelische Lagerkapelle neben der Friedlandglocke. Bis heute bietet die Innere Mission hier Beratung, Sprachlabor, Frauenzentrum, Einkleidung, Treffpunkt sowie Andachten und Gottesdienste an.

Unter www.museum-friedland.de gibt es einen digitalen Rundgang durchs Museum. Das Heimatmuseum Hoya, Im Park 1, zeigt bis 13. Oktober sonntags 15-18 Uhr „Vom Ihr zum Wir – Flüchtlinge und Vertriebene im Niedersachsen“ der Nachkriegszeit sowie im Hoyaer Land.