Der Handel mit Diamanten ist ein Milliardenmarkt. Kaum jemand hat Zugang zu diesem Bereich. Eine Arte-Dokumentation liefert interessante Einblicke und zeigt, dass Laborsteine die Branche verändern.
Mit ihrem Funkeln und Glitzern erreichen sie eine magische Wirkung und ziehen die Blicke auf sich. Geschliffene Diamanten gelten weltweit als Symbole für Liebe, Macht und Reichtum – und sind doch nichts anderes als gepresster Kohlenstoff. Der Dokumentarfilm “Diamanten – Mythos und Marketing” verdeutlicht, wie Edelsteine zu einem Milliardenmarkt wurden und wie umstritten deren Gewinnung ist. Der Arte-Film findet am 20. Dezember um 20.15 Uhr einen Zugang zu der sonst verschlossenen Diamantenwelt. Er nimmt die Branche mit Händlern, Designern und Schleifern, Marketing und Kundschaft unter die Lupe.
Schon im 17. Jahrhundert brachten Abenteurer indische Juwelen nach Europa, verpackt in Erzählungen von Glanz und Reichtum. Expertinnen wie die Berliner Kunsthistorikerin Heide Rezepa-Zabel und der Frankfurter Geologe Frank Brenker ordnen das schillernde Thema wissenschaftlich ein. Für den Geologen sind “Diamanten extrem wertvoll”, weil die Forschung mit deren Gewinnung durch eine Quelle wie den Bergbau in erloschenen Vulkanen die einzigartige Möglichkeit hat, “direkt Proben aus großen Tiefen zu bekommen”.
Insider wie die Antwerpener Diamantenhändler-Cousins Stéphane und Michel Fischler berichten erstmals ausführlich vor der Kamera von einer Welt, in der Macht, Prestige und Illusionen verhandelt werden. Momentan aber steckt die Branche in einer schweren Krise. Viele stellen sich die Frage, ob ein Luxusgut einen so schweren Eingriff in die Natur rechtfertigt. Die Bewunderung der Kundschaft tendiert immer mehr zu sehr viel preisgünstigeren Labordiamanten – der Film ist bei deren Herstellung in Essen dabei.
Nachdem sich die Berliner Filmemacherinnen Tanja Dammertz und Almut Faass zuletzt in einem Arte-Zweiteiler mit der Geschichte von Gold befasst hatten, entstand laut Dammertz die Idee, eine Dokumentation über die Geschichte von Diamanten zu machen. (Herausfordernd sei bei diesem Projekt nicht etwa das Reisen – Stationen waren Genf, Dresden, New York, Antwerpen, Paris, Essen und Idar-Oberstein – gewesen.) Vielmehr erwies sich der Zugang zur Diamantenwelt als schwierig. “Nicht alle wollen sich über die Schulter schauen lassen”, sagt Tanja Dammertz der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Vor allem größere Konzerne, Marken und Unternehmen, hätten Bedenken gehabt. Sie vermutet dahinter Sicherheitsaspekte, aber auch den Wunsch der Deutungshoheit.
Der Film öffnet Türen zu Händlern, Schleifern, Designern und blickt hinter die Kulissen einer exklusiven Geschäftswelt. Die Doku folgt aber auch den Spuren kolonialer Beute bis hin zu Blutdiamanten, die Bürgerkriege finanzierten. Ein umstrittenes Beispiel ist der legendäre Koh-i-Noor, der sich als einer der größten Diamanten der Welt und Teil der britischen Kronjuwelen im Londoner Tower befindet. Bis heute entfacht der 186-Karat-Diamant als Raubgut Konflikte.
Mit schönen Bildern und seltenen Einblicken und Aussagen schafft die Ausnahme-Dokumentation gekonnt den Bogen zwischen Bewunderung und Ernüchterung. Als einzigem Team hat ein Auktionshaus in Genf (Schweiz) Dreharbeiten bei einer jährlich stattfindenden Schmuck-Auktion ermöglicht. Solche Auktionen sind laut Almut Faass “zwar öffentlich, aber natürlich werden sie normalerweise nicht von Kameras begleitet.” Al “nicht selbstverständlich” findet Faass, dass ihr Team die Diamantschleifer der großen Firmen in New York “so unkompliziert drehen konnte”.
Ole Thönßen steht am Ende des Films exemplarisch für den jungen Kunden. Er geht zum Hamburger Juwelier Jan Spille und kauft dort seinen Fair-trade-Ring. Dieser bietet Schmuck an, der nicht nur schön, sondern auch fair, sozial und umweltverträglich ist. Thönißen gefällt das erstandene Juwel. “Verkauft wird immer das Gefühl”, sagt der Juwelier. “Und das ist größer und oft auch wertvoller als der Diamant selbst”, weiß Spille.
Die Botschaften des Films sind für Tanja Dammertz so vielfältig wie ein Diamant: Jeder müsse selbst herausfinden, was für ihn beim Kauf am wichtigsten ist. Für Filmemacherin Faass macht “den Wert eines Diamanten das aus, was wir in ihm sehen wollen”. Beide liefern einen spannenden Einblick in eine Branche, zu der sonst nur wenige Zugang haben.