In Nordrhein-Westfalen trifft ein wachsendes Interesse von Schulabgängern an einer dualen Berufsausbildung auf ein sinkendes Angebot von Lehrstellen. Bis Ende April meldeten sich bei den Arbeitsagenturen 86.215 Bewerberinnen und Bewerber, 3.132 oder 3,8 Prozent mehr als im Vorjahr, wie die Regionaldirektion NRW der Arbeitsagentur am Mittwoch in Düsseldorf mitteilte. Im selben Zeitraum boten Unternehmen und Betriebe 88.878 Ausbildungsplätze an. Dies sei ein Minus im Vergleich zum Vorjahr von 3.524 oder 3,8 Prozent.
„Eine duale Berufsausbildung steht bei Schülerinnen und Schülern hoch im Ansehen“, erklärte Roland Schüßler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion. Die Entwicklung der angebotenen Ausbildungsstellen bereite ihm allerdings Sorge; die schwierige wirtschaftliche Lage der Unternehmen hinterlasse ihre Spuren am Ausbildungsmarkt. Während die Zahl der jungen Menschen, die eine Ausbildung beginnen möchten, spürbar zugenommen habe, nehme die Zahl der angebotenen Stellen weiter ab. „Es sind sogar fast sieben Prozent oder 6.500 Angebote weniger als vor zwei Jahren“, betonte er.
Rechnerisch kamen Ende April landesweit auf hundert angebotene betriebliche Ausbildungsstellen 98 Bewerberinnen und Bewerber. Im vergangenen Jahr waren es zu diesem Zeitpunkt 91, vor zwei Jahren 86, wie die Regionaldirektion aufschlüsselte. Von den gemeldeten betrieblichen Ausbildungsstellen waren im April noch 51.726 unbesetzt. Das waren 3.494 oder 6,3 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zahl unversorgter junger Menschen nahm hingegen zu – um 5.203 Personen oder 12,3 Prozent auf derzeit noch 47.387 Bewerber, die in diesem Jahr eine Ausbildung beginnen wollen. Rechnerisch kamen auf hundert unbesetzte Stellen landesweit 92 unversorgte Bewerber.
Arbeitgeber wüssten um die Bedeutung der Nachwuchsqualifizierung angesichts der demografischen Entwicklung, erklärte Schüßler. Viele kämpfen heute schon darum, ihre Fachkraftstellen besetzt zu bekommen. Doch die Wirtschaftsdaten sorgten für Zurückhaltung, ein mehrjähriges vertragliches Ausbildungsverhältnis einzugehen.
Zu den zehn beliebtesten Ausbildungsberufen gehören derzeit Bürokauffrau oder -mann, Kfz-Mechatroniker, Medizinische Fachangestellte, Verkäuferin, Industriekauffrau, Anlagenmechaniker im Bereich Sanitär, Heizung, Klimatechnik sowie Fachinformatiker, Automobilkauffrau, Kauffrau im Einzelhandel und Elektronikerin für Energie- und Gebäudetechnik.
„In diesem Jahr empfehlen wir Ausbilderinnen und Ausbildern, verstärkt auf Praktika zu setzen“, unterstrich Schüßler. Denn aufgrund der im kommenden Jahr anstehenden Umstellung von G8 auf G9 an den Schulen werde beinahe ein ganzer gymnasialer Abi-Jahrgang wegfallen. Dann werde es für Ausbilder absehbar schwieriger, Nachwuchsplätze zu besetzen.