Aufstieg und Fall eines Universalkünstlers

Der Anfang in Paris ist mühsam. Aber dann stellen sich mehr und mehr Erfolge ein: In der Weltmetropole der Kunst arbeitet sich der Universalkünstler Bernhard Hoetger (1874-1949) zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit seinen Skulpturen hoch bis in den Kreis anerkannter Avantgardisten. Umso größer ist die Fallhöhe, als die Nationalsozialisten seine Arbeit als „entartete“ Kunst diskreditieren. Ein Kinofilm erzählt nun vom Aufstieg und Fall eines Künstlers, der am Ende enttäuscht, verarmt und vergessen stirbt.

Der Bildhauer, Zeichner, Architekt, Designer und Handwerker wurde am 4. Mai vor 150 Jahren in Hörde geboren, das heute zu Dortmund gehört. Das Jubiläum ist der Anlass für den 90-minütigen Film, der am Montagabend im Bremer Rathaus uraufgeführt wurde. Nach Angaben der Bremer Produktionsfirma Kinescope soll das Dokudrama der Münchner Regisseurin Gabriele Rose unter dem Titel „Bernhard Hoetger – Zwischen den Welten“ dann am 25. Juli bundesweit in die Kinos kommen.

Hoetger, der sich als Düsseldorfer Meisterschüler in Paris erste Sporen auf dem Kunstmarkt verdiente und später zahlreiche Mäzene für sich gewann, wird verkörpert von Schauspieler Moritz Führmann. An seiner Seite spielen neben anderen Florian Lukas als Heinrich Vogeler, Katharina Stark als Paula Modersohn-Becker und Ulrich Gebauer als Ludwig Roselius.

„Bernhard Hoetger war ein Ausnahmekünstler, seine Skulpturen haben eine immense Intensität, seine Bauten sind einzigartig“, sagt Regisseurin Rose, die auch das Drehbuch geschrieben hat. Doch sein Werk habe es ihr schwer gemacht, ihn zu fassen: „Zu wechselhaft war seine künstlerische Ausdruckform, zu vielseitig seine Tätigkeit.“

An verschiedenen Orten in Deutschland ist Hoetger mit seinen Plastiken und auch aufgrund seiner Architektur präsent. So baute er in Worpswede unter anderem den monumentalen Niedersachsenstein als expressionistische Großplastik sowie in der Ortsmitte das „Kaffee Worpswede“ mit Gästehaus und die Große Kunstschau. In Bremen gestaltete er weite Teile der Böttcherstraße, in Darmstadt den Platanenhain auf der Mathildenhöhe.

Der expressionistische Künstler war aufgrund seiner späteren Nähe zum Nationalsozialismus aber auch umstritten. Er sei ein Suchender gewesen, „der nach Weiterentwicklung, nach Spiritualität strebte“, ist Rose überzeugt. Arie Hartog, Hoetger-Experte aus Bremen, meint, das Gegenüber von Licht und Schatten, Werden und Vergehen, „seine Suche nach einer alternativen Bildsprache für eine alternative Religion“ bestimmten Hoetgers Werk. Was Hartog sagt, zeigt sich auch in den Jubiläumsausstellungen, die gerade in den großen Worpsweder Museen zu sehen sind.

In ihrem Dokumentarfilm, gedreht an originalen Schauplätzen unter anderem in Worpswede, Fischerhude, Bremen und Darmstadt, vermischt Regisseurin Gabriele Rose fiktionale Elemente mit dokumentarischen Aufnahmen. So lässt sie Expertinnen und Experten zu Wort kommen genauso wie historische Weggefährten, verkörpert durch Schauspielerinnen und Schauspieler. Ihre Schilderungen – angereichert durch Spielszenen – beruhen auf Originalzitaten aus Briefen, Memoiren und Interviews.

„Kompromisslos, ambivalent in seinen Gedanken, visionär“: So beschreibt Hauptdarsteller Moritz Führmann den Künstler Hoetger und ergänzt: „Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es auf eine Art eine sehr moderne Figur ist.“ Doch zunächst sei ihm Hoetger nicht vertraut gewesen. Als er dann das Angebot bekommen habe, die Rolle zu übernehmen, habe er über eine Stunde lang mit der Regisseurin gesprochen, „die so für das Thema brannte, dass ich sofort Feuer und Flamme war“.

Hoetgers Gesinnung, seine Berufung auf eine völkisch-nordische „Urreligion“, rückte ihn in die Nähe der Nationalsozialisten, die ihn aber als „entartet“ ablehnten. Am Ende war er als Künstler abgemeldet. Nach dem Krieg ging er 1948 zusammen mit seiner Frau Lee in die Schweiz. Dort starb er am 18. Juli 1949 – verarmt und depressiv.